Zahnarztpraxis Dr. Würfel

Zahnarztpraxis

Dr. Würfel
Frank Würfel und sein Team

Zahnarztpraxis

Dr. Frank Würfel
& sein Team

Zahnarzteinsatz in Madagaskar

09. 10. 2017
Es ist wieder mal Zeit.

Es kribbelt erneut in meinen Zahnarztfingern, auf Außeneinsatz zu gehen und ein ganz klein wenig Gutes zu tun.Es soll wieder einmal Richtung Afrika gehen. Der Zweitgrößte Inselstaat der Welt –  oder wie manche sagen, der 8. Kontinent – ist das Ziel.

MADAGASKAR

Entstanden ist die Insel Madagaskar zu Zeiten von Gondwana. Seitdem zwar noch gelegentlich geologisch durchgeschüttelt; ist sie aber im Wesentlichen das geblieben, was sie damals schon war – eine Insel, weit draußen vor der Ostküste Afrikas. Die Folge war, dass es über 60 Prozent aller Tiere, die es hier gibt, auch wirklich nur hier gibt.
Bei den Pflanzen ist der Bekannteste sicher der riesige Affenbrotbaum, der wie eine gigantische Wurst, mit oben ein bisschen grünem Gestrüpp, in der Gegend herumsteht.
Bei den Tieren sind es zu aller erst die Lemuren, die wohl jeder zwischen 5 und 15 aus „Madagaskar“ dem Zeichentrickfilm, kennt.

Das größte Raubtier, die Fossa, hat die Körpermaße einer europäischen Hauskatze.  Da es auch komplett an giftigen Schlangen fehlt, könnte man meinen, Madagaskar sei das Traumland für  Einwohner und Urlauber schlechthin. Nun, ganz so ist dem nicht. Krokodile haben sich erhalten. Auch wenn es wegen der Taschen und Schuhindustrie nicht mehr so viele gibt, so ist man doch gut beraten, in Binnenseen und Flussläufen über das Baden nachzudenken. Madagaskars Hauptproblem aber ist wohl, wie in vielen Teilen Afrikas, die Mischung aus Armut, Misswirtschaft undZerstörung des Lebensraumes der Insel.

Und so gehören die normalen Madegassen und das sind die Allermeisten, zu den Ärmsten der Welt – und genau so sehen auch ihre Zähne aus.

Das hat eine Gruppe junger engagierter Zahnärzte 2015 dazu bewogen, den Verein Planet Action. Helfende Hände e. V.“ zu gründen, um in diesem schönen Land aktiv zu werden. Mit viel Herzblut, Zeitaufwand und 100 Prozent ehrenamtlich organisieren sie seitdem Einsätze von kleinen Zahnarztgruppen vor Ort.

Das hat mir so gut gefallen, dass ich mein bisheriges Grundprinzip – zwar über Vereine, aber lieber allein auf solche Einsätze zu gehen – zurückgestellt habe und nun mit einem Team von insgesamt 5 Zahnärzten nach Madagaskar fliegen werde, um dort 2 Wochen zu arbeiten.

Ich bin neugierig auf die Erfahrungen, die mich dort erwarten werden und falls ihr Interesse habt, könnt ihr hier nachlesen, wie es mir ergangen ist.

Dezember 2017

Nun ist der November vergangen und der Einsatz in Madagaskar musste ausfallen. Sehr schade. Alle Flüge waren gekauft, alle Unterkünfte bestellt. Fast ein Dutzend Spender unterstützten den Einsatz.

Nur leider trat in Madagaskar im September die Pest auf. Nun ist die Insel ein Land, wo Pestkranke nicht so außergewöhnlich sind und die Beulenpest ist heute schon gut behandelbar – wenn man die notwendigen Medikamente hat. Nur leider war es dieses Mal die Lungenpest und die ist deutlich ansteckender, erst recht für Dentisten, die sehr nahe mit Patienten zu tun haben. Da die Lungenpest über die Atmung weitergegeben werden kann und es bis Ende Oktober über 200 Tote gab, haben wir dann doch gekniffen. Die gespendeten Gelder kommen dennoch zu 100 Prozent dem Verein und weiteren Einsätzen zu Gute.
Und für mich steht dieses Land weiterhin auf der Wunschliste.
Ich hoffe, zu einem späteren Zeitpunkt dann doch noch über Madagaskar berichten zu können.

Donnerstag, 12.9.2019

Es tut sich wieder was in Sachen Madagaskareinsatz.

Nun soll es im Februar 2020 nach Antananarivo gehen, um ein bisschen Gutes zu tun. Das Spenden sammeln, um den Einsatz zu finanzieren, hat schon begonnen. In der Praxis vergeben wir ab sofort die Plüschtiere, die es nach der letzten Sammelaktion nicht mit nach Kambodscha gebracht haben, weil sie zu groß waren. Vielleicht finden sie jetzt ein neues zu Hause und ein paar Euronen landen in der Spendensammelkiste.

2020 - Es ist wieder mal Zeit.

Arbeitseinsatz Madagaskar 19.2. – 8.3. 202019.2. Mittwoch

Es ist 13.15 UhrIch sitze im Flughafen Dresden, trinke einen Abschiedskaffee mit Kokosquarkkuchenstück und spüre plötzlich — ein bisschen Reisevorfreude.  Bis jetzt war für so etwas kaum Zeit. Der Praxisumbau der letzten 3 Wochen, die Umstellung von Windows 7 auf 10, nervige Anfangsschwierigkeiten mit der neuen Technik, (meist saß das Problem 1m vor dem Computer), der Hexenschuss, der diese 3 Wochen begleitete und nicht grad entspannter machte, eine ganzer Berg von Patientenwünschen, die vor der Abreise noch fertig werden wollten und sollten, das Packen und Sortieren für den Einsatz, Absprachen mit den Kolleginnen……

Plötzlich liegt das alles hinter mir und vor mir 24 Stunden Flugzeuge und Flughäfen; also essen, schlafen, Filme kucken, faulenzen pur. Und dann erwartet mich Madagaskar, die Insel im indischen Ozean,  30 Grad im Schatten, tropische Pflanzen, lautes Menschengetümmel, überfüllte, aber dafür schlechte Straßen, Lemuren und wohl genug Zähne, die repariert oder gezogen werden wollen.

Ich lass mich überraschen.


Unbedingt erwähnen und betonen möchte ich die vielfältige Unterstützung, die ich wieder im Vorfeld dieses Einsatzes erfahren habe.

Viele Gewerbetreibende aus Heidenau und Umgebung haben mich mit insgesamt etwa 4000 Euro unterstützt. Auf Grund der unsäglichen Datenschutzvorschriften in unserem Land habe ich zwar eine ungefähre Information über die Gesamthöhe der beim Verein eingegangenen Spenden aus der Region, aber nur von den Spendern konkrete Informationen, die mich selbst informiert haben. Der Verein darf auf Grund besagter Vorschrift keine Information mehr weitergeben, wer Geld gespendet hat. Ein Glück, dass dieses Land so schlaue Regeln hat.

Somit kann ich mich nur ganz allgemein für die tolle Unterstützung bedanken.

Das Geld geht direkt an den Verein und dieser finanziert davon Materialien, Gerätschaften, Gebühren für Arbeitsgenehmigungen vor Ort und andere Dinge, die so einen Einsatz begleiten.

Ganz toll war auch die Unterstützung, die ich durch unsere Patienten in der Praxis erhalten habe. 954 Euro wurden in der Sammelbox gesammelt, welche in den letzten Wochen in der Praxis gestanden hat. Und gespendet haben auch viele Patienten, die selber sehr rechnen müssen.  Vielen DankVon diesem Geld habe ich verschiedene Verbrauchsmaterialien gekauft und eine einfache Absaugvorrichtung a la Afrika gebaut. Dazu kamen Buntstifte und kleine Plüschtiere in großer Zahl für die zu erwartenden kleinen Patienten.

Den Rest des Geldes nehme ich mit nach Madagaskar und werde es für den Kauf von Zahnbürsten, Zahnpasta und was auch immer vor Ort noch nötig sein wird, verwenden.

Auch für die Bereitstellung von Fußbällen, Trikots für kleine Fußballer durch den 1. FC Pirna und die Lok Pirna  möchte ich mich bedanken. Damit werde ich ganz sicher zum Fußball – Helden mit der Glatze aufsteigen.

Am Ende hatten noch ein paar Kindersachen, auch gespendet von Patienten, Platz. Dann waren Koffer, Kiste und Rucksack voll.

Für die Leser die es interessiert, hier noch ein paar Eckdaten zu Madagaskar:
Die Insel liegt östlich von Afrika ziemlich weit im Süden. 26 Millionen teilen sich ein Land, nicht ganz 2x so groß wie Deutschland. Aber so fleißig wie die Madagassen sind, rechnet man bis 2050 mit 53 Millionen Einwohnern und das aus eigener Kraft, ohne Zuzug von außen.
Die Hauptstadt heißt Antananarivo, aber keine Sorge, die Orte haben fast alle unaussprechliche Namen. (Toamasina, Antsirabe, Mahajanga, Fianarantsoa usw.)

Gesprochen wird Französisch oder Malagasy, was mich von den Einwohnern des Landes deutlich unterscheidet.  Manche sprechen vom 8. Kontinent, weil die Insel seit 90 Millionen Jahren ausschließlich Insel ist und die vorhandene Tier- und Pflanzenwelt entsprechend einzigartig, was wir ja aus „Madagaskar 1-4“ wissen (zumindest meine Patienten).
Von den etwa 12.000 Arten von Blütenpflanzen und den 109 Säugetierarten sind jeweils 80 Prozent, von den 250 Vogelarten rund die Hälfte, von den 260 Reptilienarten 95 Prozent und von den 150 Froscharten alle endemisch.
Da gibt es also nie Gesehenes zu bewundern, falls es sich einem zeigt.

Das Klima ist tropisch, was haarlosen Geschöpfen wie mir sehr entgegen kommt.
Gut unterwegs sind nicht nur typische Entwicklungslandkrankheiten wie Malaria und HIV, sondern auch Pest und Lepra.

Arm ist quasi der 2. Name des Landes, der Durchschnittstagesverdienst liegt bei unter einem Euro.

20.2. Donnerstag

Die Flüge verliefen problemlos. Es gab nettes Flugzeugessen, zumindest, wenn man nicht zu anspruchsvoll ist.

Addis Abeba, die Hauptstadt von Äthiopien lag als Zwischenstopp in der Morgensonne und Antananarivo oder eingekürzt Tana, die Hauptstadt von Madagaskar erwartete mich mit freundlichen Zöllnern, die dann doch mal in die sorgsam zugeklebte Kiste kucken wollten. Aber nachdem ein paar Buntstifte den Besitzer gewechselt hatten, durfte ich sie direkt wieder schließen und dank mitgebrachtem Paketband konnte ich sie auch gleich wieder ordentlich dicht machen. Draußen erwartete mich natürlich ein Rudel Kofferträger. Ich versuchte sie erst abzuwimmeln, aber am Ende ließ ich sie die 20 m vom Ausgang bis zum Taxi meinen Gepäckwagen schieben und dann gab es für die beteiligten 4! Helfer drei 50 Cent Münzen, was dann zu lauten und fordernden Diskussionen führte, da der Vierte ja auch eine haben wollte. Überall das Gleiche.  Ich stieg einfach ein und ließ sie reden.

Nach kurzer Fahrt, ich hatte das Hotel extra flugplatznah gebucht, kam ich in einer echt netten grünen Oase mit sauberen Zimmern, Pool und Bierkühlschrank an. Letzteren testete ich dann auch gleich, fletzte mich mit einem Fläschchen an den Pool und genoss Sonne und 25 Grad.

Den Rest des Tages verbrachte ich mit Faulenzen, Lesen, einem saftigen Zeburindersteak und lauschte dem Prasseln des abendlichen tropischen Regens auf den Wellblechdächern ringsum.

21.2. Freitag

Gegen 9 traf ich mich mit Harald, einem Kollegen aus Essen, der in der Nacht angereist war. Wir fanden schnell eine gemeinsame Sprache und beschlossen daher, die Hauptstadt Tana heut zusammen unsicher zu machen. Das Taxi brachte uns bis 3 km vor das Zentrum, dann ging es nur noch so langsam vorwärts, dass wir beschlossen zu laufen. Kreuz und quer ging es den ganzen Tag entlang einer endlosen Aneinanderreihung von dringend renovierungsbedürftigen, oft ehemals schönen kolonialen Gebäuden, Verkaufsständen ohne Ende, Autoschlangen, kaum ein Auto jünger als ich, das klassische Afrika halt, aber doch irgendwie auch faszinierend und spannend.

Zwischendurch versuchte Harald Geld zu kaufen. Erst am Automaten, was misslang, dann in einer Bank. Dort saßen ca. 20 Leute und warteten geduldig, dass der eine Bankangestellte sie abarbeitete. Wir warteten 15 Minuten, dann lies Harald seinen Charme sprühen, na ja, vielleicht drängelte er auch ein bisschen, jedenfalls wurde er vorgezogen, sonst säßen wir wohl jetzt noch dort. 4000 Ariary sind 1 Euro. Kein Wunder, das manche zum Geldeinzahlen mit dem Rucksack kamen (habe ich gesehen).

Mit einbrechender Abenddämmerung erreichten wir über der Stadt das einzige erwähnenswerte historische Gebäude von Tana, welches aber wegen Umbau oder Baufälligkeit gesperrt war. Wenigstens waren wir mal da. Auf dem Weg zurück, hinunter in die Stadt, passierte, was sich schon mit dunklen Wolken angekündigt hatte.
Es fing an wie aus Eimern zu schütten. Ein wahrer Sturzbach ergoss sich entlang des Fußweges.

Zu unserem Glück war in einer Nische ein klitzekleiner Imbiss mit Überdachung. Dort richteten wir uns ein, tranken Bierchen, scherzten mit dem Betreiberpaar und deren vielen Kindern und übten uns in Geduld. Und schon nach einer knappen Stunde ließ der Regen zumindest wieder soweit nach, dass die Benutzung unserer Schirme Sinn ergab. Wir schafften es bis zur nächsten Straße und fanden uns direkt in der wildesten Rushhour wieder. Bald hatten wir ein Taxi gefunden und los ging es Richtung Flughafen. Mein Navi schätzte 18 km und ich schätzte etwa 2 Stunden Fahrtzeit. Das Problem schien vor allem in der hohen Staudichte zu liegen, aber – Überraschung – das allein wäre ja langweilig gewesen. Der Regen nahm wieder ordentlich zu und während ich so vor mich hinträumte, wurden plötzlich meine Füße sehr nass. Im letzten Moment konnte ich meine Tasche vom Autoboden hochnehmen, dann standen wir bis zu den Knöcheln im Wasser. Um uns herum liefen Leute, denen das Wasser über den Knien stand. Erstaunlich lange tuckerte unser alter Renault noch vor sich hin und fuhr auch noch ganz langsam, aber irgendwann war es doch vorbei. Er startete noch, aber sobald ein Gang eingelegt wurde, soff er ab. Wir schauten uns das so 15 Minuten an. Draußen war es stockduster, die Gegend sah unglaublich vertrauenserweckend aus, es regnete, wenn auch nicht mehr so stark. Relativ bald sank der Wasserspiegel, so dass wir aussteigen konnten, nur das Taxi hatte die Faxen dicke und qualmte nur noch.

Unser Taxifahrer sprach dann netterweise einen Kollegen an, der mit uns die Fahrt fortsetzte.  Dessen R4 war noch fahrfähig, wenngleich das nur nach madagassischen Maßstäben stimmt. Weiter ging es klappernd, noch mehr stinkend, aber immerhin trocken.Über das Thema Sicherheit im Auto hatte ich mir keine Gedanken gemacht, bis der Taxifahrer prüfte, ob alle Türen ordentlich von innen verriegelt sind. Na ja, vielleicht sind wir auch nur eine besonders wertvolle Fracht.Am Ende benötigten wir 2 Stunden und 5 Minuten.Es war ein echtes Fahrerlebnis.Den Abend verbrachten wir dann im Hotel, spielten Tischtennis, Kicker und aßen sehr lecker zu Abend.

22.2. Samstag

Der Weckdienst im Hotel funktioniert perfekt. Gestern 7.30, heut 7.35 klopft ein kleines rotes Vögelchen an meine Glastür, heut sogar mehrmals. Da wir aber erst um 9 zum Frühstück verabredet waren, durfte ich noch ein bisschen weiterschlafen. Punkt 10 Uhr war Start. Dieses Mal hatten wir einen ziemlich guten Allrad SUV gebucht. Mit dem ging es dann 2 Stunden, mal im Schritttempo, mal ein bisschen schneller zum 40 km entfernten Lemuren Park, der sich als echtes Highlight herausstellte. 7 Arten beherbergt er und alle 7 bekamen wir aus nächster Nähe zu sehen. Sicher waren die Tiere angefüttert, aber sie leben in Freiheit, könnten also gehen oder springen, wohin sie wollen. Sie sind wirklich so putzig, wie auf den Fotos, die man so kennt. Die Heimfahrt war genauso interessant wie der Hinweg. Auf Grund des gestrigen starken Regens (vermute ich mal), schien das ganze Land Wäsche gewaschen zu haben. Abertausende Wäschestücke lagen zum Trocknen auf den Wiesen. Rechts und links der Straße Reisfelder und wo die Erde ein wenig herausschaute, da stand eine Hütte oder es wurde Lehm aus der Erde geholt und Ziegel geformt. Zurück im Hotel beschloss ich, noch ein bisschen die nähere Umgebung zu entdecken. Ich brauchte keine 200m, da war ich mitten im armen Madagaskar. Manche mutigen Kinder grüßten mich, aber meist wurde ich ignoriert. An den Ständen gab es ganz kleine Einzelportionen Fleisch, Reis, Tomaten, kleine Kartoffeln usw. zu kaufen, Eier waren einzeln ausgepreist. Schon ein Unterschied zu den großen Abpackungen im Supermarkt.

Nach einer Stunde war dann auch wieder gut mit fremder Leute Armut und ich kehrte in mein schönes Hotel zurück.

23.2. Sonntag

Die doofe Fluggesellschaft hat meinen Flug von 13.00 auf 7.00 vorverlegt. Das hieß 5 Uhr Start im Hotel und 20 min vorher aufstehen, so wenigstens zum Zähne putzen, Zelt abbauen und kämmen.

Am Flughafen lernte ich die anderen Mitglieder des Teams kennen. Erster Eindruck – sehr nett, das ist doch schon mal viel wert. Harald, den ich ja schon kenne und ich sind die „Alten“. Alena, Zahnärztin, seit 2 Jahren im Berufsleben und Sabrina, Luisa, Franzi und Moritz sind Studenten der Zahnmedizin. Wir blockierten erst mal gemeinschaftlich den Check in Bereich, weil es eben eine Weile dauerte, bis alle Koffer soweit umgepackt waren, dass sie einigermaßen den Gewichtsvorschriften entsprachen, bis alles Übergepäck bezahlt (anderer Schalter) und dann aufgegeben war. Jeder hatte mehr als nur einen Koffer mit, da wir viel Verbrauchsmaterial mitschleppten.

Am Ende flogen wir mit einem Zwischenstopp nach Tolagnaro, 2,5 h, also überschaubar, und wurden von Maria und ihrem Mann Norbert sehr freundlich empfangen. Wir bezogen unsere Zimmer. Diese zu beschreiben macht wenig Sinn, man sehe sich die Bilder an. Ich werde oben schlafen, weil mein Mückenzelt unten nicht reinpasst. Jeder hat ein Waschbecken, aber beim ersten Wasserlassen kam erst mal braune Brühe. Auch wenn es dann besser wurde – hier werden auch die Zähne mit gekauftem Wasser geputzt. WC und Dusche auf dem Gang, was ok ist, nur das an mehreren Stellen die Rohre undicht sind und Wasser aus den Dichtungen heraus – nein nicht tröpfelt, sondern spritzt. Aber etwas anderes hatte ich nicht erwartet, insofern alles gut.

Wir wurden mehrmals herzlich begrüßt. Der für uns zuständige Schulleiter Oliver, der Pater des Konvents Pierrot, der Gründer der Schule, der hier wohl seinen Lebensabend verbringt….  na ja wie das halt so ist.

Wir sind auf dem Areal der Schule untergebracht. Hier lernen tagsüber ca. 1500 Schüler in Klassen um die 50 bis 70 Schüler. Wir bezogen unsere Räume und dann fuhren wir erst mal an den Ancobestrand, da heute Sonntag ist und wir noch nicht viel machen können.
Der Strand ist schön, breit, feinsandig, davor eine Strandgaststätte, wo es wunderbar kaltes Bier gibt. Hunderte Kinder am Strand spielten Fußball mit Stoffbällen, die von Strippen zusammengehalten werden. Da werden die Bälle von 1. FC Pirna und von Lok Pirna Freude bereiten in den nächsten Tagen.
Wir hatten ein paar schöne Kennlernstunden und liefen dann die 4 km zur Schule zurück.

Abendbrot gab es um 7 im zentralen Gebäude des Konvents, zusammen mit dem Pater, den hier arbeitenden Brüdern und einer Gruppe junger Menschen aus Polen, die hier sozial arbeiten.

Das Essen bestand aus Nudeln, Reis, dürren Hühnerbeinen, Spinat und Brühe. Manche aßen es einzeln, manche mischten alles zusammen. Nicht das kulinarische Highlight, aber in Ordnung.

Am Ende saßen wir noch bei Wasser (Alkohol hatten wir noch keinen) zusammen.Die Nacht war unglaublich warm. Es wehte ein ganz schwaches Lüftchen, von dem im Zimmer nicht viel ankam und die Maschen des Mückenzeltes vernichteten den Rest.Man lag am besten auf dem Rücken, atmete flach und hatte sich ein feuchtes Handtuch über die Stirn gelegt.

24.2. Montag

Der Tag begann mit der Einrichtung des Behandlungsraumes. Wir bekamen einen großen, hellen Raum, zunächst ohne Strom – der wurde dann per Kabel vom Nachbarhaus herüber gelegt. Es gibt kein Waser, aber das holen wir in Eimern aus dem Brunnen und für die Münder wird eh Flaschenwasser verwendet.

Wir räumten die vielen Koffer aus, die hier von unserem Vorgängerteam eingelagert wurden, sortierten, desinfizierten, sterilisierten im vorhandenen Schnellkochtopf. Wir testeten die vorhandenen Motoren aus dem Zahntechnikbereich usw.
So verging der Vormittag wie im Fluge. Ab 14 Uhr standen die ersten ca. 25 Schüler vor der Tür und das fröhliche Zähne ziehen konnte beginnen.
Ausgerüstet sind wir sehr gut. Da haben die Verantwortlichen vom Verein Planet Aktion echt tolle Arbeit geleistet.
Gegen halb 6 wurde es langsam dunkel und wir hatten es geschafft und wir waren geschafft.

Aber nach Hause, duschen und Wäsche waschen (ich zumindest), dann trafen wir uns mit Maria und Norbert und verbrachten einen schönen Abend in einer Pizzeria in der Stadt. Maria und Norbert sind ein deutsches Paar, das hier seine Heimat gefunden hat. Beide waren viele Jahre als Entwicklungshelfer tätig. Heut betreibt Norbert eine große Tischlerei und Maria engagiert sich bei verschiedenen karitativen Projekten.

Danach, es war vielleicht halb 11, verschwanden alle in ihrem Zimmer. Zwar hatten wir am Nachmittag ein bisschen Bier und Wein eingekauft, aber alle freuten sich aufs Liegen. Auch war die Temperatur heute deutlich angenehmer, weil es abends länger geregnet hatte.

25.2. Dienstag

Die letzte Nacht war sehr viel angenehmer als die davor. Die Temperatur ist schwer zu schätzen. Vielleicht 22 bis 25 Grad, also fast kühl. Das Morgengebet habe ich verpasst, aber das Frühstück nicht.
Ab dem Vormittag ging es ordentlich zur Sache. An 3 Liegen wurde parallel gearbeitet.

Überwiegend waren es Extraktionen, was bei dem Gesamtzustand der Gebisse kein Wunder ist, aber einige wenige Füllungen waren auch dabei. Mit den 2 Zahntechnikmotoren kann man schon behandeln, es dauert nur lange und auch sonst ist alles sehr provisorisch, aber die Freude junger Mädchen, 1, 2 Löcher weniger in den Frontzähnen zu haben, ist unübersehbar.
Die Leute sind unglaublich geduldig, sie warten teilweise Stunden stoisch, bis sie dran sind.

Zum Abendessen fuhren wir wieder in die Stadt, fanden (auf Empfehlung von Maria) das nette Lokal Le Filao, in dem scheinbar die weißhäutige Enklave des Ortes verkehrt.

26.2.20 Mittwoch

Der Tag verlief wie der Vortag. Alle waren sehr fleißig. Wir versuchten, an einer der 3 Behandlungsliegen Füllungen zu machen, auch wenn ich fürchte, dass uns das schnell über den Kopf wachsen wird, denn es spricht sich herum und es kommen immer mehr Füllungswillige. Die Mittagspause verbrachten wir in einer Bar in der Nähe. Kleiner Imbiss, kleine Cola oder kleines Bier (das einzige Getränk hier, welches nicht zu süß ist und nicht nach Wasser schmeckt).

Dann ging es weiter bis halb 6.
Den Abend verbrachten wir am Libanona Beach. Das ist hier in der Gegend wohl der sicherste Strand. Zum einen, weil der Unterwassersog hier geringer sein soll, als an anderen Stränden, zum anderen soll er haisicher sein. Auf jeden Fall war der Wellengang enorm. Gegessen haben wir im La Oceane, direkt am Strand. Sehr nett, aber ich bestellte leider Entrecote. Die Bedienung fragt mich noch, ob lieber medium oder well done. Es war quasi nur Knochen, da gabs nichts zum medium sein.Aber essen wird eh überbewertet. Wenigstens waren die Getränke schön kühl.

27.2. Donnerstag

Frühstück wie immer. Erst beten alle – außer uns. Dann gibt es Reis, Baguette, Marmelade, Banane, manchmal Butter, Kaffee, süße dicke Milch. Geackert wurde, mit Päuschen in unserer „Stammbar“, bis nach 17.00. Es können einem manchmal die Tränen kommen, wenn man 14-jährigen Mädchen alle Frontzähne zieht, weil sie komplett verfault sind oder 7-jährigen die ersten bleibenden Backenzähne, die sie ja höchstens 2 Jahre haben können. Wenigstens scheint – zumindest in der sozialen Ebene, aus welcher die meisten unserer Patienten stammen, ein zahnarmer oder zahnloser Kiefer keine sehr stigmatisierende Rolle zu spielen. Es laufen zu viele so rum, als dass man wirklich auffällt. Nur unseren europäischen Zahnarztaugen tut es weh.

Wie erwartet haben wir das Legen von Füllungen offiziell eingestellt. Wir sind technisch einfach zu schlecht ausgestattet. Es dauert zu lange und der Andrang von Patienten mit Zahnschmerzen oder dringend entfernungsbedürftigen Zähnen ist einfach zu groß. Das heißt nicht, dass wir gar keine Füllungen mehr machen, weil uns manche (nicht völlig aussichtslose Situation) so leidtut, dass eben doch immer wieder mal eine gemacht wird. Selbst ich, der ich gesagt habe, ich ziehe nur, bin nicht gänzlich konsequent.
Am Abend waren wir wieder mal am Ancobe Strand und dann in der Sandwichbar, wo wir tolle Pizzen bekamen.

Wieder zu Hause stellten wir fest, dass einer aus dem Team seinen Zimmerschlüssel am Strand verloren hatte. Wer wohl?
Also schlief ich behelfsmäßig in einem der leerstehenden Zimmer. Ein ungenutztes Mückennetz hatten wir ja noch und Zähneputzen wird eh überbewertet.

Am Ende hat mich heut auch noch der Fluch der hiesigen Götter heimgesucht. Gehört mal dazu und soll ja gut für die Figur sein.

28.2. Freitag

Der verlorene Schlüssel entpuppte sich als Glücksgriff. So musste ich zwar um 6 aufstehen, aber ich erlebte auf der Fahrt zum Strand das bunte Morgenleben in der Stadt, fand den Schlüssel wieder, war im Meer baden, (auch wenn ich dabei etwas verspannt auf meine am Strand zurückgelassene Tasche achtete), lief dann am Ufer und auf einsamen Wegen zu Fuß nach Hause und war pünktlich um 8 in der Praxis. Nur das Morgengebet entwischte mir.

Der Tag verlief wie gewohnt. Wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team. Ein Student ist Springer und die anderen 3 arbeiten mit je einem Arzt, oft aber auch schon völlig selbstständig.   Es ist eindrucksvoll zu beobachten, wie schnell sie ein Gefühl für auch komplizierte Extraktionssituationen entwickeln. Sie sind alle 4 vorsichtig und einfühlsam, aber auch wissbegierig. Es macht wirklich Spaß. Harald, unser Erfahrenster hat sehr viel chirurgische Routine und Alena ist für ihre 2 Jahre Berufserfahrung super fit.

Na und ich bin halt der, der noch bisschen das Drumherum organisiert und ein paar Sprüche klopft und manchmal wie das Rumpelstilzchen von Tisch zu Tisch springt, Ratschläge gibt oder mal schnell mit zufasst. Und wenn mir das zu stressig wird, übernehme ich einen Tisch und extrahiere selber, was das Zeug hält.

Eh wir uns versahen, war es – trotz heut nur kurzer Mittagspause – wieder Abend und wir beeilten uns, noch an den Strand zu kommen.

Der Transport klappt hervorragend. Wir haben uns auf einen Taxifahrer eingeschossen, der uns vielleicht 20 Cent mehr abnimmt als hier üblich, der aber zuverlässig und freundlich ist und auch englisch spricht, was besonders für mich gut ist, da mein weniges vor 2 Jahren gelerntes französisch sehr konsequent verdunstet ist.Gleich geht die Sonne unter, ich bin das erste Mal mit der Berichterstattung auf einem aktuellen Stand und wir werden etwas essen gehen.

29.2.20

Es war wieder eine sehr sehr warme Nacht. Da half nur still auf dem Rücken liegen, Arme und Beine ohne Kontakt zum Körper, Handtuch auf die Stirn gelegt, flach atmen und schnellstmöglich einschlafen.  Das hat geklappt.

Früh ließ ich das Frühstück ausfallen, aber Harald brachte Alena, die auch geschwänzt hatte und mir Bananen und Kaffee mit auf die Zimmer. Sehr cool.

Gegen halb 9 sollte unser Wochenendausflug starten, aber wir mussten alle noch zum Bankautomaten, und da war wie immer hier ein großer Andrang.  Eigentlich wollten wir auch noch in den Telefonladen, weil einige ihr Datenvolumen aufpeppen mussten (besonders ich), aber der Guide drängelte und deshalb bin ich das ganze Wochenende ohne Internet. Katastrophe!?

So starteten die Boote erst etwas später als geplant. 1 Stunde fuhren wir im Zickzack durch ein Gebiet, ähnlich den Mangrovensümpfen in Florida, aber Mangroven sind das nicht. Palmen und andere Pflanzen säumen das Ufer. Es sieht sehr schön aus. Es soll hier große Krokodile geben, aber wir sahen keine. Es ist eine wunderschöne, weitläufige Gegend. Noch schöner als mit Motorpirogge wäre wohl eine Paddelpirogge gewesen, um die Stille genießen zu können, aber auch so war es toll. Zwischendurch mussten wir durch eine Schleuse. Es ging aber nicht um Höhe, sondern um den Salzgehalt. Irgendeine kanadische Firma betreibt hier in der Gegend Bergbau, braucht dafür viel Wasser mit geringem Salzgehalt. Deshalb wird ein Teil der Seen vom Meerzugang abgegrenzt. Die Versüßung des Wassers verdrängt Shrimps und damit die Shrimps Fischer. Dafür schaffen die Kanadier wohl viele Arbeitsplätze. Arbeit versus Umwelt. Von den vielen Pflanzen gefielen mir die großen fleischfressenden Pflanzen am meisten. Eine langgezogene tropetenförmige Blüte und ein Deckel oben drauf, der einfach zuklappt, wenn so eine arme Mücke grad vom leckeren Nektar kosten möchte. Dann gibt es kein Entrinnen.

Am Zieldorf angekommen, begann eine ca. 4 km Wanderung zum Locarobeach. Dort erwartete uns ein Strand wie im Reiseprospekt. Endlos, breit, feinsandig, völlig menschenleer. Schließlich landeten wir im Piratencamp. Einige wenige Bungalows, einsam, einfach, aber immerhin mit Dusche, aus der auch Wasser kam. Wir bezogen die zwei „Zimmer“. Eine Seite Mädels, andere Seite Kerle. Ich hatte Glück und bekam das Einzelbett. Zu Mittag gab es Dorade, Gemüse und Reis. Obgleich ich ja eigentlich ein Nichtfischesser bin, war es doch sehr lecker und die Gräten sind so groß, dass man sie gar nicht übersehen kann.

Nach dem Mittag gingen die anderen an den Strand, ich gönnte mir erst mal ein Mittagsschläfchen und streunte dann 2 Stunden in der Gegend herum. Es heißt wirklich nicht umsonst „Paradies“. Es ist sehr idyllisch. Nahe dem Camp ist eines kleinen, trocknen Fußes erreichbare Halbinsel. In 3 Richtungen Meer soweit das Auge reicht, überall Wellen, die sich an den Steinen brechen und ihre Gischt meterhoch auf ihnen ergießen. Gelegentlich sieht man einen Einheimischen, der in seiner kleinen, aus Baumstämmen geschälten Nussschale übers Meer paddelt und Fischernetze auswirft.

Gegen halb 7 wurde es dunkel. Das Abendbrot bestand aus Krabbenmuss, Zebu Steak und Kartoffelstücken, dann Bananen in Honig zum Nachtisch. Wir verbrachten den Abend vor den Bungalows, bei Funzel Birne, Kerzen, Doppelkopf, Schummelmex und Schlafmütze.

Gegen 22.00 fing es an zu regnen. Mit einer Intensität, dass man innerhalb von 2 Sekunden komplett durchnässt war, wenn man noch mal aufs Klo musste. Die Hütte hielt den Regen aus, auch wenn es hie und da durchregnete. Der Vorteil war eine kühle Nacht.

1.3. Sonntag

Das war ja mal der Tag der schnellen Wechsel.

Gestern Abend hatten wir noch besprochen, dass wir heut statt nach dem Frühstück erst am Nachmittag abfahren wollten, um noch den Strand genießen zu können. Aber es regnete die ganze Nacht – auch stellenweise in den Bungalow hinein – und so änderten wir unsere Entscheidung wieder. Dann beschlossen wir, die Rücktour nicht wie geplant – 1 Stunde Fußmarsch und 1 Stunde Bootsfahrt – durchzuführen, sondern uns von einem Taxi abholen zu lassen. Dafür hatte unser Koch, der auch der einzige Servicemensch im Camp war, nur ein müdes Lächeln. Das geht nicht. Punkt. Also starteten wir ganz normal halb 11, nach dem besten Frühstück, das wir bis jetzt hatten.  Dickes frischgebackenes Weißbrot, Butter, Marmelade, Ananas und Papaya, Kaffee und Tee und jeder bekam 2 Crêpes. Das schien auch dem Wetter zu gefallen, denn pünktlich kurz vor dem Start hörte es auf zu regnen. Wir wanderten zurück nach Eratra, wo wir, wie bei der Hintour schon, mitten durchs Dorf liefen und offensichtlich die Tagesabwechslung waren. Auch die Bootstour verlief regenfrei, worüber ich ziemlich froh war, denn die Jungs fuhren ziemlich flott – eines der Boote verzielte sich direkt einmal in einer Kurve und schoss in den falschen Nebenkanal.

Während der Rückfahrt beschloss ich, den Nachmittag zu nutzen und noch einen Naturpark in der Nähe von Tolagnaro zu besichtigen. Erst sollte es der botanische Garten Saidi werden, dann riet der Bootsguide eher zum Nahamboana Reservat, also Umentscheidung. Dann telefonierte ich mit Maria, die riet wieder zum botanischen Garten, erklärte aber, dass ich da erst in Tolagnaro ins Hotel  Le Dauphin müsse, wegen der Anmeldung, weil es ein Privatpark ist. Als das Boot in der Stadt anlegte, trennten sich also die Wege der Gruppe. Die anderen wollten erst mal nach Hause ins Kloster Marillac und ich fuhr zum Hotel. Hier hatte ich das erste Mal seit Tagen WLAN, sodass ich mal einen Kontakt nach Hause herstellen konnte. Dazu aß ich etwas und trank ein Mittagsbier. Mittlerweile regnete es wieder und der Verantwortliche für den Park war nicht vor 3 Uhr im Hotel zurück zu erwarten. Also vergaß ich die Parks und machte einen Stadtrundgang.

Im Reiseführer steht, Tolagnaro ist die schönste Stadt Madagaskars. Ehrlich, dann muss ich keine mehr sehen. Durch meine Brille gibt es hier, abgesehen von den wunderbaren Stränden drumherum, so gar nichts Sehenswertes. Die Kathedrale sieht aus wie eine Dorfkirche kurz vor dem Einsturz. Ich wurde direkt zum gleich beginnenden Sonntagsnachmittagsgottesdienst eingeladen, aber ich wanderte mal lieber weiter. Die Festung des Ortes, Fort Flacort kann ich nicht beurteilen, da sie sonntags geschlossen ist. Ich habe das erst nicht geschnallt. Das Fort wird wohl auch noch aktiv als Militärstützpunkt genutzt.

Ich promenierte entspannt hinein. Irgend so einen Schreihals hinter mir überhörte ich, aber als mich dann 2 Soldaten direkt aufforderten, umzukehren, beschloss ich, die entspannt herunterhängenden Maschinengewehre doch nicht völlig zu ignorieren. Soweit ich sehen konnte, habe ich aber wohl nicht viel verpasst. Also schlenderte ich kreuz und quer, insgesamt ca. 12 km durch die Stadt, grüßte tausend Menschen, wurde tausendmal freundlich zurückgegrüßt und landete gegen 5 wieder im Kloster, wo die Gruppe sich gerade zum Stadtbummel bereit machte.Ich blieb erst mal da, um ein bisschen Körperpflege zu betreiben, Wäsche zu waschen und diese Zeilen aufzuschreiben.

2.3. Montag

Heut war Telefonaufladetag. Ich verzichtete aufs Frühstück, was kein großer Verlust ist. Halb 8 war ich in der Stadt und gönnte mir in einer Patisserie – ja sowas gibt es hier auch, einen Kaffee und ein Croissant.  5 vor Acht war ich am Telmaladen, einem der 3 hiesigen Telefonanbieter und der, von dem ich schon die lokale Telefonkarte in Tana gekauft hatte. Vor mir 6 Leute.8.35 — nichts war passiert, alle Angestellten bemühten sich sehr entspannt immer noch um den ersten Kunden. Ich resignierte und beschloss, eine neue Karte bei einem anderen Anbieter -Airtel – zu kaufen. 200m Weg – doch dort, entgegen Maps.me, kein Laden. Weiter ging es zu Orange, auch nicht weit weg. Genau dort, wo Orange sein sollte, moderner Laden, überhaupt sind die Telefonläden die gepflegtesten und klimatisierten Läden neben den Banken und den Apotheken der Stadt. Anstehen, 4 Kunden vor mir, ca. 20 Minuten gewartet, dann war ich dran und erfuhr, dass es gar nicht der Telefonladen ist. Klar steht draußen Orange dran, aber das ist nur Werbung. Die verkaufen nur Fernsehkarten.

Also Taxi her und schon wurde ich wirklich zu Airtel gebracht. Wenig Leute, welch ein Glück. Karte und Guthaben fürs Internet kaufen dauerte nur eine halbe Stunde. Es auf meinem Handy zum Laufen zu bringen allerdings noch eine halbe Stunde. Dann war ich endlich wieder Teil der Weltgemeinschaft.
Zum Glück hatte ich in der Patisserie gut eingekauft, so dass es statt strenger Blicke über mein spätes Kommen eher Freude gab.

Seit heute arbeiten wir an insgesamt 4 Stühlen. Die Tischlerei hat sehr kurzfristig 3 sehr schöne Liegen gebaut.  Zum Glück entpuppt sich unser Dolmetscher Yvan immer mehr als durchsetzungsfähiger, fleißiger Manager. Sonst würden wir bei 4 Tischen im Durcheinander versinken, weil ja ununterbrochen Patienten reingerufen, eingespritzt, auf die Wartestühle gesetzt, wieder auf die Liegen geholt, behandelt und nach Hause geschickt werden. Alle bekommen noch Zahnbürsten und das Gedränge vor der Tür muss er auch noch überschauen.

Die jungen Kollegen wieder zu loben, lasse ich jetzt, aber sie hätten es verdient. Ich hab ihnen geraten, dass sie ihre chirurgischen Fähigkeiten im nächsten Studienjahr nicht so deutlich zeigen sollten, um sich nicht den Unmut irgendwelcher unerfahrener Assistenzzahnärzte an der Uni zuzuziehen.Es kommen jetzt keine Schüler mehr, aber viele Leute aus der Stadt. Wir ziehen max. 4 Zähne pro Patient, obgleich oft auch zehn oder mehr Zähne zu ziehen wären und viele das auch wollen. Aber es sollen ja alle drankommen.Ich springe viel hin und her, berate hier, helfe da nach, ziehe auch mal schnell ein paar Zähne. Es läuft.Heute Abend hatten wir uns vorgenommen, wieder mal im Konvent zu essen. Haben wir auch gemacht, aber es war wohl das letzte Mal. Der große Fleischtopf bestand zu 98 Prozent aus Schwarte und weichem Fett, dazu Reis, Kartoffeln und Nudeln. Kein Gemüse, aber ein Teller Limetten. Ich aß fast nur Reis mit Limettensaft. Tut halt der Linie gut.
Den späteren Abend spielten wir “ Halt mal kurz“ und genossen einheimischen Rum und mitgebrachten Gin.

3.3. Dienstag

Ich startete wieder früh, weil wir dringend Tupfer brauchten, klapperte alle 3 Apotheken der Stadt ab – erst in der 3. gab es welche und ich hielt natürlich an der Patisserie und kaufte für Mittag für alle leckere Küchlein ein.
Gegen 9 zurück, versuchte ich dann nachzuholen, was ich früh „gebummelt“ hatte.

Heut musste  meine kleine mitgebrachte mobile Zahnarztbohrmaschine ran. Erstmals in diesem Einsatz hatte ich einen Unterkieferbackenzahn, dem ohne Freilegung nicht beizukommen war. Da habe ich fast eine halbe Stunde geschwitzt.

Der Nachmittag war dann Extraktion total angesagt.  Das Extrahieren hatte schon etwas von Fließbandarbeit. 3 Patienten anästhesieren, dann diesen 3 so zwischen 2 bis 6 Zähne ziehen. Dann die nächsten 3 einspritzen usw. Da das mittlerweile alle so machen und wir an 4 Tischen arbeiten, wird es manchmal echt unübersichtlich, welcher Patient zu wem gehört. Aber dank unseres wirklich unglaublich guten Dolmetschers /Organisators/und mittlerweile auch selbstständig fachliche Dinge erklärenden Ywan , versanken wir nicht im Chaos. Und die Patienten zeigten uns auch problemlos ein zweites Mal, was sie gezogen haben wollten und wo wir eingespritzt hatten. Ein einziges Mal bisher fing ich an am falschen Zahn zu wackeln und auch nur, weil die Patientin in der Wartezeit umentschieden hatte, welche Zähne sie abgeben möchte. Aber sie korrigierte ihre Meinung ganz schnell und zeigte auf den betäubten Zahn.

Den Abend verbrachten wir sehr entspannt im vielleicht besten Hotel der Stadt, dem Talinhoo Hotel. Wobei sich Speisen und Getränke preislich gar nicht so sehr von anderen Hotels unterschieden, aber die Zimmer haben europäische Preise.

Heut hab ich erstmals Kasse gemacht mit meinem von meinen Patienten gespendeten Geld.500 Euro sind es etwa noch, die ich verbrauchen kann. Da habe ich aber schon schön einkaufen können. Buntstifte für die Kinder gehen hervorragend ab, Zahnbürsten und Küchenrollen und Tupfer verbrauchen wir massenhaft. Kein Wunder bei, ich schätze mal, 200 gezogenen Zähnen am Tag.

Auch wenn wir das jetzt schon ein paar Tage hier machen, es ist noch immer wieder deprimierend, wie schlecht die Zähne hier sind. Gefühlt hatte noch kein Land, indem ich gearbeitet habe, so viele komplett zerstörte Gebisse. Ich verstehe es auch nicht ganz, wie bei teils 12 bis 14-Jährigen die kompletten Frontzahnregionen tief zerlöchert sein können. Mit schlechter Mundhygiene allein ist das nicht zu erklären. Nur was ist es dann. Auf jeden Fall traurig.

Die Schlange vor der Praxis wird täglich länger. Die Patienten stehen teilweise ab 8 bis teils zum Schluss und wenn wir Schluss machen, schicken wir die restlichen Wartenden weg und sagen ihnen, sie sollen morgen wiederkommen. Mittags geben wir Nummern aus für den Nachmittag, aber tagübergreifend macht das keinen Sinn. Viele kommen quasi täglich wieder und versuchen, sich weitere Zähne ziehen zu lassen. Heut waren auch ein paar Dorfschönheiten da, also junge Frauen, die in nicht ganz so ärmlichen Klamotten herumliefen, auch Lippenstift trugen und für hiesige Verhältnisse saubere Sachen anhatten. Sie wollten Frontzahnfüllungen. wir vergaben noch ein paar Nachmittagstermine für Füllungen, aber dann war endgültig Schluss damit.

4.3.20 Mittwoch

Damit ich hier nicht den Eindruck des Drückebergers hinterlasse, war ich heut mal wieder im Konvent zum Frühstück. Na ja, kann man machen, muss man nicht. Sehr unknuspriges Baguette mit süßer Kaffeesahne, Kaffee mit der gleichen Sahne und das wars. Es stand noch eine Terrine warme Flüssigkeit auf dem Tisch, nur einen Geschmack konnte ich nicht entdecken.
Wie lecker war da doch das Essen gestern Abend im Talinjoo. Da wollten wir heut glatt noch mal hin.

Dann heut früh der „Schock“. Pater Pierre lud uns so herzlich für den Abend zur Feier des heiligen Kazimierz ein, dass wir einfach nicht ablehnen konnten. Damit fällt der heutige Gaststättenbesuch – irgendwie gefühlt jeden Tag die Belohnung fürs Fleißig sein – aus.
Wir werden es überleben und vielleicht ist die Küche ja wegen Kazi heut ein bisschen kreativer.
Auf jeden Fall haben wir heut ca. 240 Zähne gezogen.
Also faul sind wir nicht.

Ich war zwischendurch schnell an der Tanke um die Ecke und kaufte alles auf, was die an Küchenrollen und Papiertaschentüchern hatten. Wir verbrauchen unfassbare Mengen zum Desinfizieren. Morgen früh werde ich die Stadt leerkaufen, damit das Team in den nächsten 2 Wochen über die Runden kommt. Ich bin ja der Einzige, der nach 2 Wochen Einsatz am Samstag nach Hause fliegt. Alle anderen bleiben 4 Wochen. Allerdings wechseln sie am WE den Standort, arbeiten dann irgendwo noch weiter im Hinterland, wo einkaufen und nachkaufen sicher nicht unmachbar aber deutlich schwieriger sein wird.
Das Abendbrot war dann, wir erwartet.
Es gab quasi fleischlose Hühnerstücke, allerdings in würziger Marinade. Dazu das übliche kulinarische Dreierlei, Reis, Kartoffel, Nudeln.

Immerhin gab es danach Schneewittchentorte, die eine der polnischen Sozialarbeiterinnen gemacht hatte und der Konvent spendierte madagassischen Rum und polnischen Wodka. Aber die Stimmung in der Truppe war wie immer seitdem wir hier sind, wunderbar und das machte den Rest wett.

Heut bekamen wir auch die Rechnung für Übernachtung, Frühstück und Wasser. Ich sag mal so, 100 Euro für 2 Wochen klingt nicht viel, aber die Unterkünfte sind doch ganz schön vernachlässigt und schmutzig.
Wir diskutierten eine ganze Weile darüber, aber am Ende werden wir einfach bezahlen.Der Abend wurde dann noch ein sehr fröhlicher „hau den Nazi“ Spieleabend.

5.3.2020

Früh war ich wieder shoppen, schließlich muss ja einer das Team mit Tupfern, Mengen von Küchenrollen für die Wischdesinfektion und die Patientenreinigung, mit neuen Zahnbürsten, na und das Team mit Kuchen eindecken.

Den Kuchen natürlich nicht, aber die Verbrauchsmaterialien konnte ich wieder von den Spendengeldern meiner Patienten bezahlen.

Im Laufe des Tages ließen wir es richtig krachen. Wir zogen heut ca. 260 Zähne.

Für mich war es der letzte Arbeitstag. Ich verlasse die Truppe morgen. Ich freue mich auf zu Hause und auf gepflegte Zahnheilkunde in meiner schönen, jetzt komplett runderneuerten Praxis, mit all den Möglichkeiten und all dem Schnick schnack, den man so hat.

Aber ein Auge weint auch. Weil ich hier so ein tolles Team verlasse, weil es hier so unfassbar viel zu tun gibt.Es ist wie am Ende jedes Einsatzes. Es ist deprimierend, zu sehen, wie fürchterlich es um die Zähne so vieler Menschen bestellt ist und das wir außer der Vorbeugung entzündlicher Probleme – indem wir so viele kaputte Zähne wie möglich entfernen, eigentlich rein gar nichts tun können.

Und wie Pillepalle viele unserer deutschen Probleme angesichts der Armut der Menschen in anderen Teilen der Welt doch ist.

6.3. Freitag

Wir fuhren früh gemeinsam ins Kaletahotel in die Patisserie und frühstückten dort. Ich lud quasi zum Abschiedsessen ein.

Deshalb öffnete die Praxis heut  erst 9.15  Es warteten unglaublich viele Leute trotz starken Regens.

Ich packte meinen Koffer, dann verabschiedete ich mich von Pater Pierrot und packte die letzten 4 Fußbälle und eine Tüte voller Buntstifte für die polnischen Sozialarbeiterinnen zusammen Weitere Buntstifte und die restlichen Plüschtiere, die noch da sind, lasse ich dem Team für die Kinder in den nächsten 2 Wochen.

Dann war ich bei Norbert und Maria, übergab die letzten 400 Euro von den Patientenspenden mit der Bitte an Maria, diese gut zu verwenden, wovon ich überzeugt bin, denn wohl niemand weiß besser als sie, was vor Ort besonders unterstützenswert ist. Ich habe sie gebeten, mich zu informieren, wenn sie das Geld eingesetzt und wofür, damit meine Patienten es auch erfahren können.

Dann verabschiedete ich mich sehr herzlich vom Team und trottete traurig zum Flughafen, nicht ohne vorher schnell noch 3 Abschiedszähne gezogen zu haben.

Der Rest des Tages war unspektakulär. Flug nach Tana, zu Fuß in das Hotel, indem ich schon übernachtet habe und madagassisches Abendbrot. Das war sehr lecker. Also liebe Priester in Marillac, da geht noch was.

7.3. Samstag

Letzter Eintrag für diesen Einsatz.

Kann ich mir vorstellen, noch mal herzukommen? Auf jeden Fall. Die Menschen sind unglaublich geduldig, friedlich, freundlich.

Es mag manchmal ein bisschen regnerisch gewesen sein, dafür ist es überall grün. Die Umgebung ist wunderschön.

Zu tun ist wahrlich genug. Die vorhandene Praxisausstattung ist Klasse.Danke schön an Planet Action.

Danke schön an das tolle Team.
Danke schön an die Firmenspender.
Danke schön an die vielen Patienten, die mich unterstützt haben.