Zahnarztpraxis Dr. Würfel

Zahnarztpraxis

Dr. Würfel
Frank Würfel und sein Team

Zahnarztpraxis

Dr. Frank Würfel
& sein Team

Vietnam und Kambodscha Oktober 2018

Mittwoch, 3.10.18

Das Abenteuer kann beginnen.

Da sitzen wir nun am Feiertag in Dresden am Flughafen und gleich der erste Flieger startet mit Verspätung. Wollen wir mal hoffen, dass es nicht zu lange dauert, schließlich haben wir noch 3 Anschlussflüge.

Nachdem wir in den letzten 2 Wochen noch schnell mal die halbe Praxis umgebaut haben – der Zeitplan war mit super heißer Nadel gestrickt und hat nur Dank wirklich fleißiger Handwerker funktioniert (vielen Dank an die Herren Karsch, Nitschke, Fiedler, Schuck)

Gestern Abend halb 8 war die letzte Schraube in der Wand und danach war heut früh auch noch Zeit zum packen und für ein schönes deutsches Frühstück (mit Rührei, Wurscht und Marmelade), bevor es jetzt 3 Wochen Reis oder Nudeln gibt.

Im Gepäck haben wir über 500 Euro an Spenden, welche uns viele unserer Patienten mitgegeben haben. 2625,- Euro Spendengelder von Firmen aus der Region haben wir schon vorab an den Verein Mini Molars Cambodia e. V. überweisen können. Das ist der Verein, welcher die zahnärztliche Einrichtung in Kambodscha finanziert und betreut, in welcher wir bald arbeiten werden.

Vielen Dank an alle, die unseren Einsatz und die Arbeit des Vereins so toll unterstützt haben. Das gesamte gespendete Geld kommt bis zum letzten Euro den Menschen in Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas, wo wir arbeiten werden, zu Gute.

Wir? Für Menschen, die dies lesen und uns nicht schon kennen: Wir, das sind meine Tochter Helene Bichtemann, seit knapp 2 Jahren Zahnärztin und ich, Frank Würfel, der seit gefühlt hundert Jahren Zähne repariert und verschönert. Für sie ist es der Erste, für mich der 5. ehrenamtliche Einsatz in einem armen Land irgendwo auf der Welt.

Und wieso Kambodscha? Schließlich war ich schon einmal vor 5 Jahren in Kambodscha und da ich karitatives Engagement gern mit meiner Neugier auf fremde Länder und andere Menschen verbinde, hatte ich mir bisher immer neue Länder für die Hilfseinsätze gesucht.

Genau bei der Suche nach einem neuen Projekt, also genau genommen, bei der Internetrecherche, stieß ich zufällig auf die Seite des Vereins Mini Molars Cambodia e. V. Beim Lesen stach mir der Name des Vereinsvorsitzenden, eines Zahnarztes aus Hamburg, ins Auge. Irgendwo hatte ich den Namen schon mal gehört. Nur wo?
Es brauchte 2 Wochen. Irgendwann wachte ich morgens auf und wusste, dem Mann hab ich schon mal ein Paket
geschickt. (Ich werde nie verstehen, was der Zellhaufen in meinem Kopf nachts so veranstaltet.

Hier die Geschichte dazu:2012 in Phnom Peng, Zahnarzteinsatz bei einem Verein, den ein australischer Kollege leitete, wo aber Zahnärzte aus verschiedenen Ländern der Welt arbeiteten. Ständig vor Ort beschäftigt waren ein Team von Zahnarzthelferinnen und eine kambodschanische Zahnärztin. Einige Wochen vor meinem Aufenthalt arbeitete dort ein junger deutscher Kollege. Die beiden Zahnärzte kamen sich wohl näher. Jedenfalls, als ich dort war, traf ich eine junge, offensichtlich schwer verliebte kambodschanische Zahnärztin, die bei jeder Gelegenheit versuchte im Selbststudium und mit meiner Hilfe deutsch zu erlernen, weil sie überzeugt war, ihr deutscher Prinz käme wieder und würde sie mit nach Deutschland nehmen. Ich gebe zu, ich hatte meine Zweifel.
Aber, das ist ja das Schöne am Irren, er kam und nahm sie mit nach
Hamburg. Es gibt sie noch, die Märchengeschichten, die wahr werden.
Als meine Zeit in Kambodscha endete, nahm ich ein Paket von der jungen Frau für ihren Freund mit. Ich erinnere mich noch, dass ich den Inhalt sehen wollte, da das Mitnehmen eines geschlossenen Paketes, auch wenn die Absenderin sehr sympathisch war, mit meiner Skepsis kollidierte.

In die Heimat zurückgekehrt, schickte ich das Paket an eine Adresse in Hamburg und der Name des Empfängers war – na? Klar, der Name des Vereinsvorsitzenden auf der Webseite. Die beiden haben später den Verein Mini Molars gegründet, um in Kambodscha weiter Hilfe leisten zu können.

Bei der Vorgeschichte musste ich doch glatt noch mal nach Phnom Penh.
Um meiner schon beschriebenen Neugier auf neue fremde Länder
doch noch Raum zu schaffen, beschlossen Helene und ich, erst mal eine 9 tägige Rundreise durch das benachbarte Vietnam zu machen, bevor wir danach 2 Wochen in Kambodscha arbeiten würden.
Ich werde die Erlebnisse in Vietnam hier miterzählen, auch wenn sie eigentlich nicht zum karitativen Einsatz gehören. Einige Patienten haben sich das gewünscht.

Jetzt muss ich die Berichterstattung des ersten Tages beenden. Der Flieger startet gleich zum langen Flug nach Bangkok und ich habe 69 Filme auf dem Flugzeugdisplay, von denen ich möglichst viele sehen möchte.

Freitag, 5.10.18

Viertel Zehn wurde ich wach und warf ganz hektisch Helene aus dem Bett. Schließlich gab es nur bis halb 10 Frühstück. Das Ganze war dann nicht so dramatisch. Das Frühstück war vietnamesisch, Nudeln mit Gemüse halt und Banane, einfach aber in Ordnung. Und da das Hotel eigentlich ein Hostel ist (Schlafsäle) und damit voller junger Schlafmützen, war nach hinten raus auch noch Luft.

Bei der gestrigen Ankunft hatten wir auch gleich zu bezahlen. 2 430 000,- Dong, das ist doch mal eine Summe für 3 Nächte. Wie die ganz Großen (wo ist bitte der Lachsmiley, wenn man ihn braucht). Nach 4 Stunden eifrigem „durch die Stadt streifen“, mehreren Tempelchen und Pagödchen – 30 Jahre Kommunismus haben in der religiösen Landschaft Vietnams doch ihre Spuren hinterlassen, hielten wir an einer Gruppe von Geldautomaten. Ich glaube, es waren 6 Stück. Wir wählten genau den aus, der meine Master Card annahm, verschluckte und dann wieder still stand. Da half kein Fluchen, kein wild auf den Knöpfen herumdrücken, der Apparat blieb sehr unbeeindruckt. Also machten wir Bekanntschaft mit verschiedenen Servicenummern, sehr asiatisches englisch sprechenden Damen – besonders das Buchstabieren vietnamesischer Straßennamen war lustig – und durften dann 16.00 zu der Bank fahren, der dieser Automat gehörte, wo wir nach ca. 15 Formularen die Karte zurück bekamen.Bis dahin reichte aber unser Kleingeld und wir nutzten die Zeit zur weiteren Stadtbesichtigung.Jadetempel, Einsäulenpagode, Oper, Zitadelle, Literaturtempel….. was man halt in Hanoi so gesehen haben sollte.

Überall unglaublich viel Verkehr, Mopeds über Mopeds. Das Verkehrsverhalten ist für uns Europäer unvorstellbar. Und dennoch, wenn man einfach langsam und vor allem gleichmäßig los läuft, wird man ein Teil des Ganzen und kommt über jede Straße. Sehr beeindruckend wie das funktioniert.

Der Rückweg durch die  Altstadt von Hanoi war wieder genau so interessant wie heute Vormittag. Viele sehr schöne Gebäude im Kolonialstil, alle Größen, alle Breiten war vertreten. Von der prunkvollen Villa bis zum 6 stöckigen Handtuchhaus, 5 m breit und manchmal 40 m tief. Alles gleichermaßen herunter gekommen, quasi mit morbidem Charme.

Unterm Strich eine Stadt, die man durchaus besuchen kann, aber 1 Tag Stadtrundgang irgendwie reicht irgendwie. Deshalb haben wir für morgen einen Tagesausflug in die Halongbucht gebucht. Idyllische Stille ist da zwar auch eher nicht zu erwarten, aber vielleicht weniger stinkende Mopeds und Abfallhaufen allerorten. Wobei man gerechterweise dazu sagen muss, dass die Straßenhändler ihre Bordsteinareale zum Feierabend kehren und wischen, nur leider wandert der Müll gerade mal um die Ecke.

Samstag, 6.10.18

Der Wecker warf uns 6.40 aus dem Bett. Nicht so leicht, mit einem Fenster, das zum Innenpool hin öffnet. Da ist es nämlich immer nur schummrig draußen. Poolbeleuchtung halt.

Pünktlich 8.00 stand der Reisebus vor der Tür und blockierte entspannt die halbe, dafür schon überfüllte, Straße. 3,5 Stunden und eine halbstündige Touri –Nepp-Pause später erreichten wir die Halongbucht. Weit über 1000 kleine und große Felsen ragen schroff aus dem Wasser. Manche ein paar Meter, manche 50, 60 Meter hoch. Sehr idyllisch. Angeblich ist da irgendwann ein Drache ins Gebirge gekracht und hat die ganze Gegend zu den vielen Gesteinsbrocken zerspringen lassen. Dann hat er noch den Meeresspiegel angehoben, damit zwischen den Steinen Wasser fließt. Das ist doch mal eine nette Alternative zur Klimaerwärmungstheorie. Jedenfalls ist es hübsch, mit dem Boot dazwischen herum zu fahren, auch wenn es in der Hauptsaison hunderte Boote sein dürften. Jetzt, im Oktober, war es auszuhalten.

Wir steuerten zunächst eine Höhle an. Angeblich, laut Guide, passen da 10000 Leute rein. Die Vietnamesen mögen ja durchschnittlich ein bisschen kleiner sein als die Europäer, auf jeden Fall deutlich weniger übergewichtig – durchschnittlich betrachtet, aber das dürfte doch ein bisschen übertrieben gewesen sein. Schön und sehenswert war sie auf jeden Fall.

Vorher gab es noch Mittag mit 8 verschiedenen Gerichten, danach eine Kajaktour und anschließend die Wahl zwischen einem viertelstündigen Aufstieg auf einen der Felsen oder einem Bad am kleinen Strand davor. Dieser war komplett überlaufen, weil scheinbar alle Ausflugsschiffe den selben Programmpunkt anboten. Wir haben uns reingeteilt. Helene durfte auf den Berg (450 Stufen), ich hielt die Stellung im pupwarmen, hochsalzigen Meer.Rückzu gab es dann Frühlingsrollen zum selber rollen. Das scheint hier verbreitet zu sein, wir sahen es schon gestern am Nachbartisch. Da gibt es hauchdünne Reisblätter, die sehen aus wie durchsichtige Folien, sind ziemlich fest und werden erst durch den Kontakt mit Feuchtigkeit weich und kaubar. Da werden dann geraspelte Möhren, Salatstücke, Streifen kalten Hühnerfleisches und kalte Glasnudeln eingewickelt, bis eine Rolle entsteht. Warum die dann Frühlingsrolle heißt – keine Ahnung. Schmeckt gar nicht so schlecht  —   aber:
Damit haben wir dann so ziemlich alle Regeln vorsichtigen Essens gleich am 3. Tag gebrochen. Wie sagt man: schäl es, koch es oder lass es. Das bedarf keiner weiteren Worte – wir werden sehen, was die nächsten Stunden so bringen.
Aber
das Highlight des Tages..

Der Nachbartisch rollte auch gerade Röllchen, als dem Salatmix in der Mitte des Tisches eine mittelgroße Kakerlake entstieg, der das Rumgestocher von 6 Leuten in ihrem Salatteller wahrscheinlich zu sehr auf den Geist ging. Sie flitzte davon und ließ 6 schlagartig nicht mehr hungrige Gäste zurück.

Der Guide erklärte wortreich, dass das gar nicht schlimm sei, denn wäre sie mitgekocht worden, hätte sie ja nicht mehr weglaufen können.

Seltsamerweise hörte Helene auch auf zu essen, obgleich in unserem Teller keine Kakerlake saß. Ganz sicher – ich hab nachgeschaut, bevor ich die nächste Rolle rollte.Die Heimfahrt war dann, gelinde ausgedrückt, rasant. Es war dunkel, voll und der Fahrer hatte sicher noch einen wichtigen Termin. Ein Gurt wäre schön gewesen.

Sonntag, 7.10.18

11.20 sollte der Flieger von Hanoi Richtung Hue abheben, aber jetzt ist es 12.20 und wir sitzen – gut gekühlt – am Flughafen, weil unser Flug wegen kaputtem Flugzeug ausfiel.

Zeit zum Dösen oder Leute kucken. Würde man alle Gäste aufrufen, die gerade kein Handy oder Tablet benutzen, kaum einer würde sich bewegen. Geschätzt 80 Prozent aller anwesenden Vietnamesen essen dazu irgendwas. Wie können die nur alle trotzdem so schlank sein. Grad gab es als Entschädigung für die Flugverspätung von 2 Stunden für jeden eine Flasche Wasser, 0,3l,  Yippie.

Abendlicher Nachtrag:
Am Ende sind wir doch noch gut durch die Luft gesegelt,
auch wenn Helene beim Landeanflug ein bisschen unruhig wurde, weil der Stuart so was gesagt hatte, wie: „die Notfallwesten sind erst nach der Notlandung überzuziehen.

“Für 12,50 Euro pro Nacht fürs Zweibettzimmer zogen wir ins Golden Hotel ein, ein in die Jahre gekommenes, aber aus meiner Sicht für vietnamesische Verhältnisse hübsches und ja wohl spottbilliges Hotel. Nach Einbruch der Dunkelheit zogen wir dann durch den Ort – alles deutlich entspannter als in Hanoi. Dennoch lief ich fast in eines der Millionen Mopeds rein, weil ich plötzlich die Richtung wechselte. So was geht hier gar nicht.

Am Markt traute ich mir dann ein völlig undefinierbares, süßes und durchaus leckeres Irgendwas zu essen. Wurde zwar prompt bei der Bezahlung beschissen (ging noch), aber es war ein Anfang um auch kulinarisch langsam in diese Welt einzutauchen.

Montag, 8.10.18

Der Wecker klingelte das erste Mal halb 9 und ich beging das Sakrileg, Helene direkt anzusprechen. Die gute Nachricht, ich lebe noch. Frühstück gab es wieder auf die letzte Elle, aber zum viel essen war es eh schon zu warm.

Dann war Sightseeing in Huế angesagt. Zuerst die Zitadelle. Ein riesiger Komplex, ehemals Kaiserpalast, teilweise schon schön rekonstruiert. Davor jede Menge Fahrradrikschas mit jeder Menge heut mal wirklich nerviger Besitzer. Wir widerstanden, wanderten dafür am Fluss entlang und mieteten später ein Schiff, das uns zur nächsten Pagode bringen sollte. Der Preis war eigentlich vor dem Besteigen des Bootes ausgehandelt, aber Madam Bootsbesitzerin sah das nach der Abfahrt etwas anders. Am Ende klang Helenes Stimme schon bedenklich gereizt, ich machte mir fast ein wenig Sorgen – um die Vietnamesin.

Der Pagode folgte noch eins der sechs Kaisergräber, die es hier in der Umgebung gibt. Eins reichte dann auch aus.

Zurück brachte uns ein grundehrlicher Taxifahrer, muss auch mal erwähnt werden.1 Stunde Vorabendpause ließ uns wieder so weit zu Kräften kommen, dass der Abend am Ufer des Parfümflusses beginnen konnte.

Wir mäanderten durch die Innenstadt, fanden eine sehr schöne Gaststätte – wobei es hier viele sehr schöne Gaststätten gibt. Sie lag direkt an einer Kreuzung zweier Nebenstraßen. An jeder Ecke eine Kneipe. In allen, außer unserer, laute Musik, dazu der Lärm der Straße, es war unglaublich laut. Wir beobachteten Touris und Einheimische, ja, gelegentlich kommentierten wir auch ein bisschen.So nahm uns die Stadt voll in Beschlag.

Dienstag, 9.10.18

Pünktlich wie alles bisher außer den Abflügen (nach den letzten Reisen in Marokko und Ägypten eine echte Erholung), wurden wir 8.15 abgeholt, zur Überlandbushaltestelle gebracht, stiegen in einen Bus mit Liegen (statt Sitzen – supercool) und wurden 4 Stunden nach Hoi An chauffiert. Und wenn der Bus nicht dauernd gehupt hätte, hätte ich wohl durchgeschlafen. So konnte ich immer wieder die grüne Landschaft besichtigen. Flache Seen, steile Berge, zwischendurch immer wieder Tunnel. Eine herrliche Gegend. Am Ziel angekommen überfiel uns erst mal eine Horde Mopedfahrer, die dermaßen zudringlich ihre Dienste anboten, dass wir unsere Rucksäcke schnappten und losliefen. Dank Maps.me ja heute alles kein Problem mehr.

In Hoi An hatten wir ein Hotel vorgebucht, das so neu war, dass überall noch Verpackungsreste zu finden waren. Herrlicher Pool, schöne Zimmer, stadtnah und das für 18 Mücken. Geht schon.
Wir nutzten dann auch erst mal den Pool, bevor wir in die Altstadt liefen.
Hoi An ist die schönste Stadt bisher. Irgendwie vom Vietnamkrieg verschont, ist die ganze Altstadt ein Konglomerat japanischer, chinesischer und vietnamesischer Häuserstile. Dazu ein Fluss, auf dem mit Einbruch der Dunkelheit ein reges Touri hin und her gefahre einsetzte. Boote und Strandpromenade waren geschmückt mit einem Meer von Lampions, überall standen beleuchtete Skulpturen. Bei uns würde man sie vielleicht kitschig finden, aber hier gehören sie dazu. Klar, irre viele Stände mit Souvenirs aber auch Köstlichkeiten wie gebratenen Fröschen, Vögeln, Schlangen, Tintenfischen, Eisröllchen aus Obst, Crêpes in ganz vielen Variationen. Es war eine Atmosphäre wie in Italien oder Kroatien abends an den Promenaden. Geschätzt 80 % der Urlauber waren nichtvietnamesische Asiaten, ich vermute mal zum großen Teil Chinesen. Sehr selbstbewusst, nicht selten unangenehm herablassend gegenüber den Einheimischen. Wir saßen eine ganze Weile an der Strandpromenade und beobachteten. Ich bei Wasser — irgendetwas hatte mir mein Magen heut übel genommen und er wollte heut halt nur Wasser (und Kaffee, aber das ist ja fast wie Wasser).

Wir promenierten bis nach 9, genossen nochmal den Pool, versuchten dann, für morgen ein Taxi in der Rezeption zu mieten, was scheinbar gelang – bis wir endlich begriffen, dass die junge Frau gar kein Englisch beherrschte sondern nur geschickt an den richtigen Stellen Yes und No einsetzte. Also das Ganze noch mal mit einer anderen Kollegin. Dieses Mal klappte es.

Zu guter Letzt telefonierten wir, wie jeden Abend, mit der Heimat und jetzt hab ich den Tag noch ins Tablet gemeißelt.

Mittwoch, 10.10.18

Nach dem Frühstück, das für mich aus 4 Gläsern Wasser und 2 Tees bestand, holte uns das bestellte Taxi ab und fuhr uns in die Marmorberge. Die liegen kurz vor Da Nang, sind 5 schroffe vielleicht 100 m hohe Gesteinsbrocken, die mitten in der flachen Landschaft aufragen. Auf einem haben die Cham Mönche vor ein paar hundert Jahren eine Pagode errichtet, ein paar Tempelchen gebaut und ein paar Höhlen erschlossen. Alles sehr schön anzusehen. Heutzutage fährt ein Aufzug hoch, aber schweißtreibend war das Rumgekraxel oben dann immer noch. Nach knapp 2 Stunden hatten wir jeden Winkel erkundet, sind sogar mit Taschenlampen in dunkle Seitenhöhlen gekrabbelt. Es ging weiter zum Hotel und dann folgte ein ganz fauler Nachmittag, den wir am Abend mit Pizza krönten. Vietnamesisches Essen wollte ich meinem Magen noch nicht wieder zutrauen.

Das Hotel steht direkt an der Uferstraße, wie viele andere auch. Der Strand ist feinsandig, breit und sauber und 30 km lang. Selbst die Copacabana kann da nicht mithalten. Schade nur, dass überall Schilder stehen, die vom Baden wegen der gefährlichen Sogbildung abraten. Dafür haben die Strandbars alle Swimmingpools.

Alle paar Meter eine Meeresfrüchtegaststätte mit großen Becken in denen die verschiedensten Meerestiere auf ihr Ende warten. Fische, Hummer, Muscheln, alles vertreten.In der Saison muss doch hier die Luft brennen.

Donnerstag, 11.10.18

Heut ging es nach Ho Chi Ming Stadt – Saigon.

Im Flieger hatten wir, schon zum 2. Mal, das Phänomen, dass sich eine Vietnamesin auf einen unserer Plätze setzte und durch intensives aus dem Fenster sehen so tat, als wäre es ihrer. Unbeeindruckt von den freundlichen Ermahnungen der Stewardess. (Korrekterweise sei angemerkt, dass sie schon in der richtigen Reihe, aber eben auf dem falschen Platz saß und erst lange gebeten werden musste, zu rutschen. Ein Stimmchen im Hinterkopf fragte mich dann allerdings, was so schlimm daran gewesen wäre, einfach ihren Platz zu nehmen (die sind ja alle gleich). Na ja, deutsche Krümelkackerei halt.

Gegen 1 waren wir im Starbucks nahe unserem Hostel und gönnten uns wieder mal einen richtigen Kaffee. Das Hostel selbst ist witzig: Wir wollten kein Gemeinschaftszimmer, buchten also Zweibett –  Doppelstock – auf 7 qm, mit Gemeinschaftsklo und Dusche. Alles sehr neu, blitzsauber und trotz der Enge irgendwie gemütlich.

Kurz geduscht — hach duschen ist bei der feuchten Wärme immer wieder schön, dann ging es in die Stadt. Durch den zweitschönsten Park (laut Reiseführer) direkt zum Präsidentenpalast, wo die südvietnamesische Regierung regiert und den Krieg geleitet hat, bis die Kommunisten sie verjagt haben. Man konnte im Keller auch die Bunkeranlagen und die charmante Nachrichtentechnik der frühen 70er Jahre besichtigen. Kann man gesehen haben, muss man nicht. Da wir uns aber auf gar keinen Fall das Kriegsmuseum mit seinen Greueltatenberichten oder die Tunnelanlagen der Vietcong – Partisanen ansehen werden, war das unsere Beschäftigung mit der jüngeren Kriegsgeschichte.

Die Vietnamesen, die seit 1975 Frieden hatten und damit Zeit, ihren Kommunismus aufzubauen, öffneten sich per Parteitagsbeschluss schon 1986 der freien Marktwirtschaft im eigenen Land, weil sie merkten, dass Planwirtschaft nicht funktionierte. Da waren sie aber deutlich schneller und schlauer als unsere Chefgenossen in der DDR. Seitdem haben sie hier einen kontinuierlichen Wirtschaftsboom, was man überall in den Städten deutlich sieht, was aber auch zu der großen Schere zwischen sehr arm und wohlhabend geführt hat. Wobei man, im Unterschied zu Afrika, fast keine Bettler sieht. Hier scheint jeder zu arbeiten. An der Kleidung ist auch oft nicht auszumachen, wie arm jemand ist. Am ehesten an der Tätigkeit. Abwäscher, Taschentuchverkäufer, Plasteflaschensammler usw., das sind wohl die Menschen, die besonders arm sind.

Themawechsel: Wo die Vietnamesen scheinbar völlig schmerzfrei sind, das sind Baugenehmigungen.

Da wurde in Da Nang vor nicht so langer Zeit ein großer 4 spuriger Strandboulevard gebaut, mit vielleicht 30 bis 40 m Abstand zur bestehenden dichten Bebauung entlang dieser Straße. Und dann fingen Investoren an, Hotels zu errichten, direkt zwischen der Straße und der vorhandenen Bebauung. Dicht an dicht, sodass die Leute in ihren Hütten heute 3 bis 4 m vor ihrer Nase bis zu 50- stöckige Hochhäuser stehen haben. Da lobe ich mir doch mal deutsche Stadtplaner, auch wenns da auch nicht immer geistreich zugehen mag.

Doch zurück zum Tag. Nach dem Präsidentenpalast gab es im Präsidentenpalastcafe ein kühlendes Getränk. Noch während es kühlte, fing es ordentlich an zu regnen. Als der Regen nachließ, waren wir noch zu sehr ins Gespräch vertieft um sofort los zu gehen und als wir losgehen wollten, begann es wieder für eine weitere Stunde zu regnen. Insgesamt eine lange Erfrischungspause. Die Konsequenz: Wir kauften sofort 2 Schirme. Der Effekt: das Wetter wurde sofort besser.

Saigon bei Nacht ist echt schön. Wir brauchten zwar 9 Minuten, um die besonders befahrene Strandpromenade zu überqueren, aber der Hauptboulevard – komplett mopedfrei – war toll. Das Café im Bitexco Tower, 53. Etage, war uns zwar zu teuer um da was zu trinken aber wir schummelten uns unter Vortäuschung des Getränkewunsches ein, machten schöne Bilder und wurden dann nett hinauskomplimentiert. Den Getränkewunsch erfüllten wir uns dann in einer koreanischen Gaststätte, wo es auch Nudeln mit Bolognese gab – ja, ja, eigentlich ein Sakrileg, aber ich bin noch magentechnisch vorsichtig mit Exotik. Vielleicht morgen wieder. Schade war ein bisschen, dass die Gaststätte um 10 Uhr schloss, was so aussah, dass man uns 21.51 fragte ob wir noch was trinken möchten, 21.53 Bier und Cola brachte und 21.56 darauf hinwies, dass man jetzt schließen würde, 1 Minute später die Rechnung brachte und 21.59 die Kellner anfingen, sich ihre Jacken anzuziehen, Mopedhelme aufzusetzen usw.

Und wir waren nicht mal die einzigen Gäste die noch da waren. Das war schon sehr abrupt. Wenigstens konnte ich die Bierbüchse zurückgeben, die ich noch nicht mal geöffnet hatte.

Freitag, 12.10.18

2. Tag Saigon. Heut stand zunächst Chinatown auf dem Programm. Erst Thien Hau Pagode, dann Binh Tay Market, Kho Hang Thanh ly Phong Hai haben wir ausgelassen, Tran Hung Dao Statue, usw. usw., nur damit ihr mal seht, was für schwere Worte ich (abschreiben) kann. Wir liefen stundenlang kreuz und quer durch die Altstadt mit ihren Hunderten von Gaststätten, von hypermodernen Jogurteria’s über mehretagige Riesengaststätten. Klitzekleinen – am ehesten als Suppenküchen zu bezeichnende Vietnamfood-kochstätten, bei denen das Geschirr im Zuber auf der Straße abgewaschen wurde. Fliegende Miniküchen, also Vietnamesen die mit Fahrrad unterwegs waren (vorn eine Kochgelegenheit angeschraubt und das Rad vollgepackt mit koch- und essbarem Zeug) und bei Bedarf direkt am Straßenrand Essen zubereiteten. Dazwischen Läden, Läden, Läden. Alles wild durcheinander. Teure Klamottenläden neben billigen Ramschläden. Dann wieder, wie im deutschen Mittelalter, 12,15,20 Läden mit exakt den gleichen Töpfen oder Fotoapparaten oder Seidenstoffen nebeneinander. Und alle Waren immer in solchen Mengen, als wöllte diese Stadt die halbe Welt versorgen.

Wir gaben uns dann mit dem Ben Than Markt gleich noch das i Tüpfelchen. Riesig, proppenvoll, Hunderte von Einzelhändlern, dicht an dicht, die Durchgänge keine 50 cm breit, auf denen sich Massen an Kunden – alles Touris, denke ich, entlang schoben. Es wurde gefeilscht wie verrückt. Wir kauften eine Hose und als wir sie hatten (und wir verhandelten lange), waren wir voller schlechtem Gewissen, diearmen Leute auch noch so runter zu drücken. Wir drückten den Preis von 350000 Dong auf 100000 Dong. ——-
um die
gleiche Hose dann in einem anderen Kaufhaus mit Festpreisen für 80000 Dong hängen zu sehen. Soviel zum schlechten Gewissen. Übrigens sind 80000 Dong etwa 3 Euro.

Überhaupt traten Läden immer mehr in den Fokus, weil ich ein Basecap für die Glatze brauchte. Es war schwerer als gedacht, meinen Bequemlichkeitsvorstellungen und Helene Anspruch auf Optik, plus, dass ich keine Werbung darauf haben wollte, sie keine 40 Euro kosten sollte und mir die Verkäufer nicht sehr auf die Nerven gehen sollten, unter einen Hut zu bekommen. Helene wurde immer unruhiger, denn sie hätte versprochen sich darum zu kümmern, dass der Vater einen Sonnenschutz auf den Kopf bekam. Er bekam!

Irgendwann war es dann mal gut mit Saigon und wir ließen uns in der Altstadt in einer Gaststätte nieder. Wir suchten extra eine, die nicht ganz so laut war. Was gelang, bis wir das Bier hatten, dann stieg da eine nett aussehende asiatische DJ ans Pult und machte Mucke. Also eigentlich machte sie  nichts außer hinter dem Pult zu stehen und mit den richtigen Körperteilen zu wackeln. Aber den Leuten gefiel es.

So endete unser 2. Saigontag, regenfrei aber mit den schicken neuen Schirmen im Gepäck.Irgendwie sind wir jetzt auch ein bisschen müde, was das Rumreisen und Besichtigen anbelangt und freuen uns auf die nächste Woche und die Klinik in Phnom Penh.

Samstag, 13.10.18

Das war ja mal ein fauler Tag. Gegen halb 10 war ich duschen, dann legte ich mich wieder hin. Es gab einfach nichts zu tun außer Lesen. Halb 1 gab es ein Frühstück, halb 2 im Taxi, halb 3 am Airport, um 4 good by Vietnam.

Wir hatten noch genau so viel Geld, dass es bis zum Flughafen reichen sollte, nur leider fuhr der gute Mann so einen Umweg, dass es teurer wurde. Nun, Helene hat ihn aufgeklärt, dass das auch kürzer gegangen wäre und er hat es widerspruchslos akzeptiert.

In Phnom Penh gleich wieder ins Taxi und gegen 7 waren wir im Hotel.

Hier haben wir dann am Pool rumgelümmelt, Chicken Curry verspeist und Büchsenbier entsorgt.

Sonntag, 14.10.18

Die erste Nacht war gut. Irgendwann hat es mächtig geregnet, was man am Getrommel der Tropfen auf den umliegenden Wellblechdächern laut gehört hat.

Das Frühstück war ok. Ich bin bei rohen Dingen sehr zurückhaltend. Gurke, Salat, Tomate lasse ich lieber sein. Wurst und Käse sowieso, wenn es schon unklar lange offen ist. Da bleibt dann am Ende das Omelett mit getoastetem Toast. Beim Obst geht Melone und Banane. Natürlich kann man Reis, Nudeln oder Fischsuppe essen, aber da bin ich noch nicht Asiate genug.
Dank der Wärme hält sich der Hunger eh in Grenzen.

Dann starteten wir zu der Zahnklinik. Hier in Kambodscha wimmelt es nur so von Tuk Tuks, die es in Vietnam fast gar nicht gab. Über die Kilometerpreise hatten wir im Hotelprospekt gelesen, dass man ca. 1 Dollar pro km planen soll. Also Tuk Tukfahrer angehalten, Ziel gezeigt, gefragt, was es kosten soll und dann war ich ein bisschen vorschnell mit dem Vorschlag – 1 Dollar = 1 km. So schnell wie der gute Mann auf seinem Moped saß (das vorn am Tuk Tuk dranhängt) und losfuhr, wusste ich, das war zu großzügig. Nun fuhren wir in die Klinik, er wartete auf uns und brachte uns dann wieder in die Stadt zurück. Insgesamt 15 km. Am Ziel fragte Helene was er denn haben will. Er sagte wir mögen entscheiden was wir zahlen wollen, offensichtlich war ihm der vereinbarte Preis selbst suspekt.

Aber nun hatte ich einmal angesagt, was ich zu zahlen bereit bin und da war es mir zu blöd wortbrüchig zu werden, zumal er nett und bescheiden war. Also bekam er die 15 Dollar – und wir wissen, ab morgen wird es billiger.

Danach wanderten wir durch die Stadt. Ich war ganz fasziniert. Ich war vor 5 Jahren hier und hatte die Stadt ganz anders in Erinnerung. Viel ärmlicher, kaum fertige Hochhäuser, schmutziger usw. Natürlich gibt es viele Schmutzecken, aber die Innenstadt ist viel großzügiger angelegt als z. B. Saigon. Mehrere Parks, viele schöne Hochhäuser ohne dass diese das Gesamtbild zu sehr dominieren. Viele schöne Gaststätten. Hat sich so viel verändert oder trügt mich meine Erinnerung? Zu Hause muss ich dringend die alten Fotos sichten. Dann waren wir in einem Einkaufszentrum voller Menschen und ich denke nicht, dass das überwiegend Touris waren sondern wohlhabende Kambodschaner. Großräumig, viele vornehme Geschäfte, viele Spielgeräte für Kinder, haufenweise schicke Fastfoodläden. 5 Dollar für ein Essen scheint normal zu sein, Eisläden, Cafés …..   irgendwie alles nicht wie in einem Entwicklungsland. Gibt es doch schon eine so deutliche Mittelschicht? Hatte ich nicht erwartet.

Was aber wieder zutraf – Erfahrung von vor 5 Jahren: beinahe immer, wenn ich zufällig Blickkontakt mit einem Einheimischen hatte, fing dieser an freundlich zu lächeln. Und an mir allein kann es nicht liegen, denn in Vietnam war das nicht so. Nicht nur, dass die Vietnamesen einem nur selten in die Augen schauen, ein Lächeln wird daraus fast nie.

Im Kaufhaus schauten wir uns auch die Lebensmittelabteilung an. Wie fast überall auf der Welt, war fast alles teurer als in Deutschland. Hier können die einfachen Leute sicher nicht einkaufen. Aber wir. Und wir taten es. Süßes, Obst, Saft und Bier. Was der Mensch halt so braucht.

Vollbepackt mit Plastetüten schnappten wir uns für den 1 Km zum Hotel ein Tuk Tuk. Am Ziel gaben wir ihm 1 Dollar. Aber wir lagen wieder falsch. Dieses Mal war es ihm zu wenig und da wir nichts drauflegen wollten, gab er uns herablassend den Dollar zurück und fuhr ab. Auch eine unerwartete Reaktion. Den Rest des Tages verbrachten wir mit Poolgesprächen, Bier und Abendbrot beim Inder.So und nun sind wir echt neugierig auf den ersten Arbeitstag.

Montag, 15.10.18

Erster Arbeitstag. Wecken war schon 6.15, weil wir ja 7.45 dort sein wollten. Wir waren die Ersten, dann kam ein weiterer deutscher Kollege, der schon 2 Wochen hier ist. Dann trudelten die Helferinnen ein und dreiviertel 9 auch die Managerin. Ab halb 9 gab es die ersten Patienten, die reichten dann bis 11. Dann war Schluss und ich sauer. Klar, heut ist irgend so ein kambotschanischer Feiertag aber dennoch. Also schrieb ich gleich mal eine Mail an Ulf in Hamburg, den Vereinsvorsitzenden. Ergebnis: 20 min später entdeckte uns die Managerin plötzlich, kam zu uns, begrüßte uns, erzählte uns einiges über das Projekt und das es morgen in die Slums geht zum Arbeiten. Dazu wortreiche Entschuldigungen, warum es nicht mehr Patienten gibt. Na gut, war ich erst mal ein wenig besänftigt und warte mal die nächsten Tage ab. Was bleibt mir auch weiter übrig.

Wir schoben uns im Tuk Tuk wieder quer durch die Stadt. Es ist immer wieder erstaunlich, die Fahrer können offensichtlich keine Karten lesen. Ich zeige Ihnen schon auf dem Handy wo wir sind, wo es lang geht (blaue Linie), wo wir hinwollen. Sie nehmen das Handy, vergrößern, verkleinern, zeigen aufs Ziel, sagen was, vergrößern wieder, verkleinern wieder usw. usw. Heut hab ich dann 2x das Handy weggenommen und rigoros gezeigt er solle los fahren und ich zeige ihm wo es lang geht. Das war vor 5 Jahren auch schon so, aber da dachte ich noch, die Tuk Tuks fahren vielleicht nur in ihren Vierteln und kennen nicht die ganze Stadt. Nur die haben ja alle selber Handys.

Auch beim Preis – sie wissen offensichtlich nicht wo ich hin will, aber sie sagen erst Mal – 5 Dollar. Aber bei den Preisen sind wir jetzt fit.
Nun hoffen wir auf Morgen.

Dienstag 16.10.18

So ein erlebnisreicher Tag !

Gegen 8.18 waren wir in der Klinik. Es sollte in einen Slum gehen. Ins Slum fahren bedeutete, dass uns ein Tuk tuk quer durch die Stadt brachte, bis in eine Wellblechdachsiedlung, ganz in der Nähe unseres Hotels. Die Straßen waren schmal- Tuk Tuk – Breite, viele Menschen auf engstem Raum. Ich schätze, da wohnen schon mal 10 Menschen auf 10 qm. Überall Kinder, Frauen die kochen oder Wäsche waschen. Die Wege waren einigermaßen sauber, aber hinter jeder Ecke Berge von Müll.

Dort war das Projekt, sowas wie eine Schule, in der mehrere Klassen voll Kinder täglich unterrichtet wurden. Jeweils 1,5 Stunden pro Klasse am Tag. Englisch, Kunst, Leben -so etwa. Es gab einen Raum als Klassenzimmer und ein Klo. (wohl 100 Dollar im Monat Miete). Wir bauten auf und gegen 9.15 ging es los. Mittag gab es eine Pause und dann kam die nächste Klasse.

Es ging ziemlich zur Sache. 2 mobile Einheiten, 1 Absaugung, 2 Stühle. Jeder behandelte ca. 25 Patienten, überwiegend Kinder. Es wurde viel extrahiert und einige Füllungen gemacht. Die Bedingungen waren einfach. Mal ging das Wasser nicht, mal die Bohrmaschine, das Licht war suboptimal, die Assistenz unerfahren (alles Studenten). Viele runtergefaulte Zähne, manche Kinder hatten keinen intakten Zahn, manchmal gingen die Milchies grad noch, aber die bleibenden Molaren dahinter waren komplett weggefault – bei 10 jährigen. Alle waren ganz tapfer. Es macht mutlos, weil man nicht weiß wo man anfangen soll. Die Kinder waren aufgeregt, neugierig, fröhlich, tapfer, cool.

Es war unglaublich warm, trotz mehrerer Lüfter.
Gegen 4 waren wir fertig, ab nach Hause, Pool, duschen. Dann gingen wir
noch mal an dem Klassenzimmer vorbei, schauten eine Weile dem Unterricht zu, fuhren in die Stadt an den Fluss, setzten uns ins Le Moon, eine Bar mit Blick auf die Uferpromenade, geradezu mondän und ließen den Tag sacken.
Auch wenn es
irgendwie aussichtslos ist, für solche Tage lohnt es sich, hergekommen zu sein.

Mittwoch 17.10.18

Geweckt wurde ich gegen 5 von irgendeinem undefinierbaren Geräusch. Musik, aber auch wieder nicht. Erst dachte ich, da nervt einer im Nachbarzimmer schon früh am Morgen mit lautem Fernseher, aber nein – es waren die Mönche. Ein ewig wiederkehrender Singsang, monoton und unmelodisch schallte es stundenlang aus der nahegelegenen Pagode herauf. Warum sie den per Megaphon in Muezzin Manier nach außen projizieren mussten, kann ich nicht sagen.
Na jedenfalls half es beim Aufstehen.

Gegen 8.15 in der Klinik erwartete uns ein Pulk Menschen. Genug für einen Zahnarzt, um sich eine ganze Weile die Zeit zu vertreiben. Für zwei noch ok, aber da wir zu Dritt waren, ging es dann doch schneller, als uns recht war. Wir versuchten, möglichst viel bei den Patienten zu machen, was aber bei Kindern auf Grenzen stößt.

Auffällig ist immer wieder, dass es überhaupt kein Bewusstsein für die Zähne gibt. Wiederholt hatten wir Erwachsende dabei, die eigentlich nur mal ein Check up wollten, kein Gebohre. Und das, obgleich ein hoher und deutlich sichtbarer Bedarf da war. Da hilft dann unsere ganze Hilfsbereitschaft wenig. Wollen müssen sie ja selbst.
Am Ende waren es dann doch wieder eine ganze Reihe gezogener Zähne
und einige Füllungen.

Am Nachmittag durchstreiften wir die Vorstadt auf der Suche nach dem Projekt, in welchem ich vor 5 Jahren gearbeitet habe. Erfolglos. Die Stadt ist unglaublich unübersichtlich und verwinkelt. Manche Straßennummern wurden mehrfach vergeben. Die Namensübersetzungen der Pagoden – der eigentlichen Anhaltspunkte – unterscheiden sich von Google zu maps.me zum Reiseführer usw. Wir haben unendlich viel pulsierendes Leben gesehen. Man hat das Gefühl, jeder lebt hier vom Handel oder fährt Tuk Tuk oder Moped. Schicke Häuser stehen in unmittelbarer Nachbarschaft zu armseligen Blechhüttensiedlungen. Wenn keine Lebensmittel verkauft werden, wird gekocht oder Massagen angeboten. Interessant sind auch die Handwerksstraßen. Gestern fanden wir eine, da siedelten auf 200 m mindestens 8 Zahnärzte. Die haben in der Regel in einer Garage einen Glaskasten zu stehen, 4×5 m vielleicht und da drin ist die ganze Praxis. 1 Stuhl, eine Wartecouch, Steri, Röntgen… Alles kuschlig beieinander. Oder in der Möbelstraße. Da sind schon mal 50 oder mehr Möbelhersteller beieinander. Reifendienst, Bauschlosserei, Baumärkte usw., die Gewerke treten meist im Rudel auf.
Zurück im Hotel war eine Stunde Poolpause – daran kann man sich
gewöhnen.
Am Abend erlebten wir eine wirklich faszinierende Vorstellung
kambodschanischen, traditionellen Tanzes im Nationalmuseum.

Und am Ende wurden es dann noch 2 Bier in einer kleinen Bar nahe dem Hotel. Ich frag mich, was trinkt man hier, wenn man kein Bier trinkt. Die nichtalkoholischen Getränke sind alle sehr süß, bleibt also nur Wasser, na und Cola vielleicht. Da bleib ich mal bei Bier.

Donnerstag 18.10.18

Langsam gewöhne ich mich an das Frühstück. Es ist in der Tat nicht schlecht, nur vieles sehr ungewohnt und da ich hier kein frisches Gemüse esse, auch eingeschränkt. Aber es gibt Rührei, Toast und Kaffee, das geht immer.8.15 in der Klinik. Der Arbeitsumfang war wieder nicht befriedigend. Wir sind einfach zu viele Zahnärzte in der kleinen Einrichtung.
Einziger Lichtblick: mein Meckern scheint
insofern Früchte zu tragen, als dass wir jetzt ab morgen fast jeden Tag auf Mission gehen, also Außeneinsätze machen. Das ist ja genau das, was ich will.

Die Heimfahrt war wieder ein Erlebnis. Heut mal ein registrierter Tuk Tuk Fahrer, mit 2 Handys – und null Chance, ihm klar zu machen, wohin wir wollten. Selbst als wir uns sein Handy schnappten und ihm die Adresse eingaben, incl. Wegführung, scrollte er darauf rum, bis ganz Kambotscha nur noch als Fleck auf der Weltkarte zu erkennen war – und dachte nach – oder was auch immer da bioelektrisch so passierte. Dieses Volk ist fast immer sehr freundlich, höflich, lächelt, aber Karte lesen geht gar nicht. Wir sagten dann mit strenger Stimme: fahr! Und er fuhr so, wie wir es wollten.

Am Nachmittag trennten wir uns, ich glaube das erste Mal in der Zeit. Helene wollte mal in Ruhe tun, was Frauen ebenso tun – die Mall durchstöbern ohne mich im Schlepptau zu haben. Also blieb ich im Hotel und passte auf den Pool auf.

Dann hatten wir eine Audienz beim Herrn Norodom Sihamoni. Na ja, er hat es nicht bemerkt, aber wir haben uns den Königspalast angesehen. Ob der König da war?? Keine Ahnung.

Danach liefen wir wieder quer durch die Stadt, nahmen das Gewimmel wahr, überquerten Straßen und gratulierten uns immer mal wieder, dass wir überlebt haben. Straße überqueren könnte ein echtes Hobby werden. Nicht hochgefährlich, aber immer mit einem Kribbeln im Bauch, Adrenalinausstoß und am Ende das Erfolgserlebnis. Wir landeten an dem Hotel, welches wir ab Sonntag beziehen wollen. Schicker Kasten, schöne Rooftopbar. Wir testeten sie sicherheitshalber gleich aus.

Zu guter Letzt beschlossen wir, heut wiedermal ordentlich Khmer zu essen. Mein Essen war nicht unlecker, aber sehr scharf. Ich hab ganz schön gelitten und Helene mag so scharf nicht. Also beließ sie es beim kosten. Dann schob mir Helene ihren halbvollen Teller rüber. Ich dachte sie ist satt, also werde ich mal die Reste beseitigen. Zum Liegenlassen war es zu lecker. Helene lies es geschehen – um mir auf dem Heimweg zu erzählen, dass sie schon noch hungrig ist, weil ich, statt nur zu kosten, alles aufgegessen hatte.

Beim Essen buchten wir dann noch den Flug für morgen nach Siem Reap. Eigentlich wollten wir mit dem Bus fahren (6 Stunden), aber da der morgige Einsatz von 7 bis 16 Uhr geplant ist, blieb nur der Flug, um da abends auch noch hin zu kommen.

Freitag, 19.10.18

Heute war es wieder sehr ordentlich. Um 6 aufstehen um gefrühstückt um 7 in der Klinik zu sein. Ausrüstung in ein Tuk Tuk gepackt, zweites Tuk Tuk für uns Langnasen, dazu die Chefin und 3 Studenten, also 4 Mopeds, so startete der Konvoi. Nach ca. 30 Minuten Fahrt, mehreren Stopps und ausführlichen Diskussionen auf Khmer, warteten wir an einer Tanke, bis jemand von der Schule kam und uns abholte. Die Adresse war für unsere Tuk Tuk Fahrer einfach nicht auffindbar.
Als wir dann ankamen, wo wir hin wollten, waren wir unglaubliche 500
m von der Klinik entfernt. Einmal im Kreis durch die halbe Stadt. Schon putzig.

Wir bauten auf und dann wurden – abzüglich einer Mittagspause, Zähne gezogen und Füllungen gemacht, dass es nur so flutschte. Unsere kleine Managerin hatte das super im Griff. 2 unserer 3 Studenten waren superfleißig, jetzt auch schon eingespielt und wissbegierig, sodass wir gleich noch bisschen Wissen vermitteln konnten. Schluss war gegen 4, abfahren konnten wir aber erst gegen 5, weil es so stark regnete, dass die Straßen teils 30 cm überschwemmt waren. Da unser Flieger nach Siem Reap – unserem Wochenendausflug – aber eh 2 Stunden Verspätung hatte, konnten wir auch dann noch ganz entspannt bleiben, als uns ein Tuk Tuk durch brutal verstopfte Straßen zum Flughafen brachte.

Samstag, 20.10.18

9.00 holte uns ein Tuk Tuk ab und brachte uns zu einer der größten Tempelanlagen der Welt. 12 Euro kostete uns der Begleiter für den ganzen Tag, ich bezahlte gleich zu Beginn und gab 4 Euro Trinkgeld und es kam, wie es kommen sollte, wir wurden den ganzen Tag vorzüglich betreut. Cool war der Moment, wo er einen 12er Pack kleine Wasserflaschen kaufte und samt einem Eisblock in seine Kühltasche stopfte, um uns dann ständig mit wunderbarem eiskaltem Wasser zu versorgen. Wenn wir so eine Wasserflasche bisher kauften, kostete sie immer zwischen einem viertel und halbem Dollar. Er bezahlte 1 Dollar für alle 12.

Über die Tempelbesichtigung sagen die Fotos mehr als Worte.

Sonntag, 21.10.18

Halb 7 war Wecken. Wir bekamen in unserem kleinen, niedlichen Hotel mit dem sehr sympathischen Betreiberehepaar ein extrafrühes Frühstück. Sie, die Kambodschanerin erzählte uns gestern Abend mit glänzenden Augen, dass es ein Wunder ist, das sie ihren Mann getroffen hat. Sie arbeitete in einem Hotel und bearbeitete die Reservierung eines syrischen Urlaubers. Da gab es ein Problem und so hat sie ihn kennengelernt. Ich staunte schon ein bisschen, wie es einen Syrer hierher verschlägt. „Ich dachte, die sind jetzt alle bei uns“, sagte ich so im Spaß. Sie erwiderte mein Lachen und meinte: „nein, einer, meiner, ist hier“ Sie standen dann Hand in Hand am Tor und winkten uns hinterher. Also, um nicht falsch verstanden zu werden. Der Umgang zwischen Mann und Frau, egal ob alt oder jung, scheint hier völlig gleichberechtigt zu sein, auf Augenhöhe halt und das nicht nur hinter verschlossenen Türen. Das schien schon in Vietnam so zu sein und die ganzen chinesischen Paare die hier Urlaub machen, zeigen auch keine Hierarchie wie anderswo auf der Welt, aber Zärtlichkeiten hab ich hier auch noch nicht gesehen.

Gegen Mittag waren wir im neuen Hotel in Phnom penh. Sehr nette Begrüßung. Wir bekamen auch ein Zimmer, getrennte Betten, wie extra gewünscht, aber ohne Balkon. Ich bat darum, das zu prüfen. Das klappte und wir bekamen ein Zimmer mit Balkon – aber ohne getrennte Betten. Das hatte der Rezeptionist schon wieder vergessen. Wir nahmen es trotzdem – und räumten es um. Der Balkon – 1 m x 80 cm. 1 Stuhl passte drauf. Ich saß dann mal Probe, aber nicht lange, weil das Außenteil der Klimaanlage auch auf dem Balkon, über dem Stuhl installiert war und die ganze Zeit so vor sich hin und auf den darunter sitzenden Gast tropft. Egal, sonst war das Zimmer schön.

Wir waren erst am Pool, spazierten dann durch Phnom Penh, aßen Abendbrot. Bei mir gab es heute Froschschenkel mit Reis, war ganz lecker, nur diese kleinen Miniknochen sind wie Gräten, bleiben überall hängen.

Jetzt faulenzen wir und dann geht’s morgen zu einer weiteren, hoffentlich arbeitsreichen Mission.

Montag, 22.10.18

Wir hatten einen langen Weg bis zu der Schule, außerhalb der Stadt, wo wir heute arbeiten sollten. Der Taxifahrer suchte wieder eine Weile. Adressen finden scheint echt nicht einfach zu sein. Der Tag war dann arbeitsam. Heute viele sehr kleine Kinder, oft 5-6 Jahre alt. Alle sehr lieb, alle total zerstörte Gebisse. Wir reparierten einfach überall ein bisschen. Nur bei einem Kind musste ich dann doch endgültig die Segel streichen. Kein gesunder Zahn im Mund, kein noch behandelbarer Zahn im Mund, keine Schmerzen – was tun? Wir waren beide ganz schön geschafft, weshalb wir dann auch nur am Pool Pizza essen waren.

Dienstag, 23.10.18

Es ist erst halb 11 vormittags und ich schreibe schon. Nun, heut ist hier Feiertag der Unabhängigkeit von Frankreich. Das war irgendwann noch vor Pol Pot und Bürgerkrieg. Auf jeden Fall haben wir frei und waren mal ausführlich frühstücken, incl. kambodschanischer Suppe, europäischem Rührei, englischen baked beans, exotischen Früchten, leckerem Kuchen usw. Ich kann mich jedenfalls kaum noch bewegen. Gegen gutes Hotelfrühstücksbufett bin ich halt hilflos.

Aber da Helene beschlossen hat, das heut Stadtführung durch die Einkaufstempel dran ist, ist eine Basis gar nicht schlecht. Zentral Market, Orissey Market, Russian Market, Aeon Mall, Citymall…. Mal sehen, wie lange ich durchhalte. Aber heut müssen in der Tat alle Mitbringsel her, die wir noch brauchen. Familie, Arbeitsteam na und wir selbst wollen ja auch überrascht werden. Dann mal los.—-—-   so, nun ist der Tag durch. Wir waren wirklich lange im Zentral Market. Der ist ganz schön, weil sehr viel sauberer, großzügig angelegt und damit nicht so stickig wie der Orissey Markt. Wir wanderten – mit System (schließlich war ich mit Helene shoppen) die Gänge ab. Erst fanden wir nichts, was uns so richtig gefiel, aber nach und nach wurden die Einkaufstüten doch voller. Dann, als wir das 3. Mal an den Elektroständen vorbeischlenderten, passierte es.

Es begann mit einer Lautsprecherbox – mit ganz vielen zusätzlichen Funktionen. Eine solche hatten wir uns schon vor ein paar Tagen in einem Mediafachmarkt angesehen, aber da die dort nur 10 Euro billiger war, als in Deutschland, kauften wir sie nicht. Und heute? Heute gab es die Box für 25 Euro statt 130. Und da passierte irgendwas in irgendeinem besonders dummen Teil unserer Köpfe. Nennt man es Kaufrausch? Jedenfalls mussten wir sie dringend kaufen. Der Witz? Musik überträgt sie auch, aber alle anderen in Deutschland angepriesenen Funktionen testeten wir gar nicht erst.
Das sie wasserfest sein sollte, hätten wir sicher nicht testen können (lustige Vorstellung), aber telefonierfähig,
integrierte Powerbank usw. — das gibt es alles nicht. Leider haben wir das erst zu Hause bemerkt.

Wenn es dabei mal geblieben wäre. Aber ich konnte auch dem Kauf von Ear pods nicht widerstehen, die hier quasi jeder hat. Leider funktionieren auch die nur sehr bedingt. Aber ansonsten haben wir auch viele schöne Sachen gekauft. Dennoch hab ich mich geärgert. Weniger über den Geldverlust. Soviel hat das nicht gekostet. Mehr über diese immer mal wiederkehrende Dummheit.

Wir haben uns dann eine Weile am Pool getröstet und sind noch mal zur Uferpromenade des Mekong gelaufen. Haben dann mitten im Rotlichtviertel in einer netten und unverfänglichen Gaststätte Abendbrot gegessen. Warum dort? – weil es genau da anfing, stark zu regnen.

Mittwoch, 24. 10.18

Das war ja wieder ein Tag. 6.15 wecken, kein Frühstück weil kurz nach halb los, damit wir deutsch = pünktlich 7.15 am vereinbarten Ort an einer Tankstelle stehen und vom Klinikbus eingesammelt werden können. Ganz wichtig, laut Managerin, weil die Anfahrt zur heutigen Mission sehr weit ist – ca. 1,5 Stunden. Alles klar. Wir waren da.

Und dann? Die treffpunktsvereinbarte Tankstelle war stillgelegt, also keine Chance auf Wifi – Kontakt mit der Klinik. Dafür kann keiner was. Kein Auto da, auch nicht halb, auch nicht dreiviertel. Wir suchten uns ein Kaffee in der Nähe, hatten dann Internet – nur die Managerin war noch nicht online, also keine Chance zu fragen, was passiert ist .Kurz vor 8 war sie es dann und teilte uns mit, dass das Auto jetzt losfährt. Eingesammelt wurden wir dann 8.40.  Helene war sauer, ich schon eher resigniert.

Dennoch, der Tag war gut. Wir retteten einigen jungen Mädchen – zumindest vorerst – ihre brutal zerstörten bleibenden Frontzähne und zogen schätzungsweise 40 bis 60 Zähne. Nebenher hätte ich die ganze Zeit heulen mögen. Es waren so viele 6 bis 10 jährige Kinder dabei, deren bleibende Backenzähne schon komplett verfault waren, ganz abgesehen von den Milchzähnen, dass man den Glauben verlieren konnte. Gegen 4 waren die Handschuhe und das Anästhesiematerial alle und fast alle chirurgischen Instrumente benutzt, sodass wir Schluss machten und zurück fuhren.

Die Kinder sind fast ausnahmslos sehr tapfer. Hier wird jedes Kind gefragt, ob es die vorgeschlagene Behandlung auch bekommen möchte, egal ob 5 oder 12 Jahre alt. Ein einziges Kind sagte nein zu einer Extraktion, alle anderen ließen sich überzeugen. Allerdings stand uns heut auch wieder ein engagiertes Lehrerteam zur Seite. Ein paar Leute aus dem Ort kamen auch vorbei. Einer wollte gern eine Zahnreinigung. Helene empfahl ihm stattdessen eine Zahnbürste gegen die dicken Beläge. Ein Anderer wollte den – bei ihm natürlichen- Spalt zwischen den beiden oberen mittleren Fronzähnen geschlossen haben, hatte aber außer den beiden Zähnen nur noch Stummel und Wurzelreste im Mund. Wie schon gesagt, das Zahnbewusstsein ist hier anders entwickelt als zu Hause.

Behandelt haben wir in einem dunklen Klassenzimmer, ohne Lampen oder solchen Schnickschnack. Das Klo der Schule konnte man benutzen bis zum ersten Regenguss, dann war rundherum knöcheltief Wasser. Apropos Wasser, als es anfing zu regnen, wurde sicherheitshalber der Strom abgestellt. Wenn man die Elektroinstallationen hier sieht ist das sehr verständlich. Nur Bescheid gesagt hat uns keiner, was mitten beim Bohren schon ein wenig störend war.
Mittag gegessen haben wir zusammen
mit den Lehrern. Die stellten den Reis, unsere Managerin hatte für uns vorgekocht. So geht das jetzt die ganze Zeit. Ich ärgere mich über Dinge, die die Chefin versaubeutelt und bewundere sie im nächsten Moment für ihr Engagement, um mich dann gleich wieder über das Nächste zu ärgern. So wechselt das ständig.

Vielleicht bin ich einfach nur zu deutsch für die Gegend. Ach ja, die Gegend. Wirsind heute die Staatsstraße rausgefahren an der ich vor 5 Jahren gewohnt habe. Damals ländliche Idylle. Ein paar Hütten entlang der Straße, dahinter Wiese oder Felder. Zwischendrin immer mal eine Pagode, also Gotteshaus.

Heute: ein neues Haus am anderen, 3 stöcker, 10 stöcker. Dahinter Firmengelände, riesige Hallen, Wohnanlagen – eine völlig andere Welt. Vielleicht sollten wir mal ein paar Kambodschaner überreden zu uns zu kommen, die bauen uns dann ratz fatz fertig, was wir in Berlin und anderswo nicht gebacken bekommen.

Donnerstag ,25.10.18

Heute klappte alles wie am Schnürchen. Wir waren in der gleichen Schule wie gestern, behandelten wieder ca. 50 Patienten, waren wieder am Verzweifeln wegen der Aussichtslosigkeit, machten so viele Füllungen wie möglich, zogen aber bestimmt wieder um die 30 – 40 Zähne. Zu Mittag gab es Selbstgekochtes von einer Lehrerin, extra für uns und zum Abschluss ganz viel Danke und 2 Blumensträuße aus Kunstblumen. Dazu wurden Millionen Fotos geschossen. Fotos mögen sie hier besonders. Nach einem Poolbad und einem Poolbier ging es ein letztes Mal in die Stadt, ein letztes Mal Khmerfood.

Dann wurde gepackt und auf zu Hause gefreut.

Freitag, 26.10.18

Wir wollten noch mal pünktlich sein also waren wir 8.15 in der Klinik. Da ging es dann direkt ab bis gegen drei. Viele Patienten, auch welche aus dem Dorf von gestern. Einem 14 jährigen Jungen machte ich dann mal eben 7 Füllungen an den 4 oberen Frontzähnen. Nicht perfekt, aber zu vorher – wunderbar. Ein Amerikaner, der hier in der Stadt mit einem Verein Straßenkinder betreut, kam mit 2 neunjährigen Jungs zum Zahn ziehen. Neun Jahre alt – davon war in deren Verhalten kaum etwas zu spüren. Nur Bitterkeit und Abweisung. Und dennoch, jeder bekam ein Plüschtier und ganz ganz kurz veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Als wollte sich ein Lächeln in die Augen schleichen, dass aber sofort wieder erlosch.

Eine junge, vielleicht 22 jährige Frau, gepflegt gekleidet, kam und wollte, dass ich ihren völlig zerbrochenen seitlichen Schneidezahn, Eckzahn und den Vierer dahinter bitte wieder schön mache. Wir haben uns aufs Ziehen geeinigt.

Eine Mutter brachte ihren 7 jährigen Sohn vorbei. 4 bleibende Zähne und 19 Milchzähne – oder anders gesagt, 23 völlig verfaulte Zähne hatte er. Ich habe ihnen erklärt, wie man putzt. Er hatte keine Schmerzen und ich wusste beim besten Willen nicht, was ich hätte tun sollen.

Ein fünfjähriges Mädchen mit einem ziemlich entzündeten Milchbackenzahn wurde von seiner Tante gebracht. Tante wollte, dass ich den Zahn zog, das Mädchen nicht. Da hier ohne die Einwilligung des Patienten, egal wie alt, nichts geht, ging sie wieder.

Ein Patient, bei welchem irgendwo in der Stadt vor einem halben Jahr eine Wurzelbehandlung begonnen worden war, kam und wollte nun endlich eine Füllung in das Loch, aber sonst keine weitere Behandlung. Ich versuchte, ihm zu erklären, dass das der falsche Weg ist. Chancenlos. Die -heute anwesende, einheimische Zahnärztin (die hier immer arbeitet) wurde dazu gebeten und entschied, dass er die Füllung bekommen soll, weil die Zunge schon so wundgescheuert war. Ich hätte weiterdiskutieren können, aber am Ende bin ich seinem Wunsch gefolgt. Zahnmedizin im Grenzbereich.

Zum Abschluss führte uns unsere Managerin noch in die Bibliothek der Pagode, hielt eine nette kleine Dankesrede, erzählte uns ein bisschen über die schwierige Arbeit des Vereins. Infos, die ich mir am Anfang gewünscht hätte. Es ist schon nicht ganz leicht hier Gutes zu tun. Da nur wenige Kambodschaner wirklich die Chance erkennen, die eine kostenlos arbeitende Zahnarztpraxis den Menschen bietet. Dazu kommen viele Genehmigungen, die von Behörden eingeholt werden müssen. Beamte müssen geschmiert werden, damit der Verein seine karitative Tätigkeit überhaupt ausführen darf. Personal ist ganz schwer zu bekommen. Die Bildungsschere scheint riesig zu sein. Entweder die jungen Leute sind gut beschult, dann wollen sie studieren – oder quasi gar nicht. Dann fehlt es an allem, inkl. englischer Sprache, Arbeitsausdauer und Bereitschaft sich weiterzubilden. Heut gab es ein Zertifikat, viele Fotos und 2 richtig schöne Lebendblumensträuße. Die verschenkten wir dann am Flughafen an 2 Putzfrauen. Sie hätten den Flug nicht überstanden. Die beiden haben sich sehr gefreut. Hoffentlich gibt’s abends keinen Ärger mit dem Gatten. Das finale Shoppen in Flughafennähe viel dann aus Zeitgründen aus und nun geht es gleich heimwärts.

Finale

Damit endet das Tagebuch dieses Asienaufenthaltes. Würden wir es in Phnom Penh wieder machen? Diese Frage haben wir gestern diskutiert. Wer die Zeilen gelesen hat, hat es ja bemerkt. Zwischendrin war ich ganz schön sauer. Aber insgesamt betrachtet, lief es doch ziemlich gut. Wir hatten mehrere Tage die Möglichkeit, Tropfen auf den heißen Stein zu schütten. Rückwirkend glaube ich, dass ich wie jedes Mal die Erwartung etwas zu hoch geschraubt habe. Ob es auch ohne mein Drängeln so viele Missionen gegeben hätte, weiß ich nicht. Wir haben vielleicht ein bisschen genervt, aber niemanden beleidigt und am Ende dieses recht positive Fazit ziehen können. Lassen wir es die Zeit entscheiden. Es gibt den Bedarf, es gibt den Verein – und es gibt auch noch andere Flecken auf der Erde, wo der Bedarf groß ist. Madagaskar, Mongolei, Lateinamerika…….

Darüber denke ich dann nächstes Jahr nach.
Last not least: Von den etwa 2625,-, welche ich durch Firmenspenden an den Verein vermitteln durfte, konnte eine neue Behandlungseinheit mitfinanziert werden.

Von der 530,- Euro, welche uns von unseren Patienten mit auf den Weg gegeben wurden, haben wir 300,- der Stiftung übergeben, welche die Schule der letzten 2 Arbeitstage betreut. Davon werden Zahnbürsten und Zahnpasten gekauft und die Lehrerinnen haben fest versprochen, mit den Kindern regelmäßig zu putzen.100,- Euro sind direkt in das Tagesgeschäft der Klinik geflossen.Die Plüschtiere, die wir ebenfalls von Freunden und Patienten erhalten hatten, waren überhaupt das Allerbeste und haben leuchtende Kinderaugen hervorgerufen.

Die Plüschtiere, welche wir nicht mitnehmen konnten, weil die Rucksäcke zu klein waren, werden bei nächster Gelegenheit verkauft oder versteigert und der Erlös wird dann in das nächste Projekt fließen.

Die restlichen 130,-  Euro werde ich nächste Woche an den Vereinsvorsitzenden überweisen, sodass davon dann noch Verbrauchsmaterialien finanziert werden können.

Spenderliste:
Büker Zahntechnik Dresden
Stöckert Hausverwaltung
GmbH
Hirschapotheke
Heidenau
Apotheke im Real
Holzindustrie Dresden GmbH
Reifenwerk Heidenau
Dr. Brückner Dresden
Hotel Reichskrone Heidenau
Rechtsanwaltskanzlei Taugnitz Heidenau
Drogenmühle Heidenau
KFZ Service Heidenau
Tischlerei Neuber Neuhausen/Erzgebirge
Viele unserer Patienten

Wir möchten uns noch einmal bei allen Spendern ganz herzlich für ihre Unterstützung bedanken.

Frank Würfel und Helene Bichtemann (Würfel)